Frauen mit Migrationshintergrund

Bildung verschiebt die Familiengründung nach hinten

Je gebildeter Frauen sind, desto später gründen sie eine Familie – unabhängig von einem Migrationshintergrund und vom Herkunftsland. Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie, die die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung durchgeführt hat.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) untersuchte in der Studie „frauen leben – Familienplanung und Migration im Lebenslauf“ den Zusammenhang von Familienplanung und Migration sowie der Informations- und Beratungsbedarf von Migrantinnen zu Themen wie Familienplanung und Verhütung. Danach haben 18 Prozent der weiblichen Bevölkerung in Deutschland einen Migrationshintergrund. Zwei Fünftel dieser Frauen sind zwischen 20 und 44 Jahre alt und Familienplanung und Familienbildung spielen für sie eine wichtige Rolle. Lediglich sechs Prozent der türkischen und acht Prozent der osteuropäischen Befragten über 34 Jahre sind kinderlos, bei den westdeutschen Frauen sind es 17 Prozent.

Für die Erhebung wurden in Berlin, Stuttgart, Nürnberg und Oberhausen 1.674 Frauen mit türkischem und osteuropäischem Migrationshintergrund befragt sowie 839 deutsche Frauen im Alter von 20 bis 44 Jahren. Die Ergebnisse wurden in der letzten Oktoberwoche auf der Tagung „Frauen leben – Familienplanung und Migration“ der BZgA zusammen mit dem Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) in Berlin vorgestellt.

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Info: Zwei Drittel der türkischen Frauen der ersten Generation haben eine niedrige Schulbildung, 61 Prozent sind ohne Berufsabschluss. Bereits in der zweiten Generation zeigt sich insgesamt ein positiveres Bild. Die Quote liegt nur noch bei 27 Prozent.

Bildung ist entscheidend
Wie die Studienergebnisse zeigen, spielt die Schulbildung eine entscheidende Rolle. Je niedriger der Bildungsstand, desto früher heiraten Frauen und umso mehr Kinder werden geboren. Der Informationsbedarf ist ebenfalls umso größer, je geringer die Schulbildung.

Türkische Frauen, die häufiger ohne Ausbildungsabschluss und mit geringen Deutschkenntnissen nach Deutschland kommen, bevorzugen vor allem Ärzte, um sich – bevorzugt in der Muttersprache – zu informieren.

Osteuropäerinnen verfügen von Anfang an häufiger über eine höhere Schul- und Berufsausbildung und informieren sich ähnlich wie deutsche Frauen am liebsten über das Internet oder Informationsmaterialien. Generell gilt: mit zunehmender Bildung steigt der Stellenwert des Internets.

Hohe Schwangerschaftsabbruchquoten bei Migrantinnen
Schwangerschaftsabbrüche kommen in beiden Migrationsgruppen häufiger vor als bei deutschen Frauen. Bezogen auf jeweils 100 Frauen haben durchschnittlich 27 türkische, 48 osteuropäische und neun deutsche Frauen einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen. Unabhängig vom Herkunftsland brechen mehr Frauen mit niedriger Schulbildung eine Schwangerschaft ab als Frauen mit höheren Bildungsqualifikationen. Als Verhütungsmittel wird in allen drei Herkunftsgruppen am häufigsten die Pille genommen.

Untersucht wurde der Zusammenhang von Familienplanung und Migration sowie der Informations- und Beratungsbedarf von Migrantinnen zu Themen wie Familienplanung und Verhütung.

Download: Die zentrale Ergebnisse der Städtestudie „frauen leben – Familienplanung und Migration im Lebenslauf“ zu Frauen mit türkischem und osteuropäischem Migrationshintergrund steht auf www.bzga.de als kostenloser Download zur Verfügung.

Doppelbelastung bei Frauen mit Migrationshintergrund
„Frauen mit Migrationshintergrund brauchen unsere besondere Unterstützung“, sagte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder im Vorfeld der Tagung und fügte hinzu: „Diese Frauen stehen oft vor einer doppelten Herausforderung: In einer für sie neuen und fremden Umgebung müssen sie sich selbst zurechtfinden und integrieren – um zugleich ihre Kinder zu erziehen und ihnen faire Chancen in dieser Gesellschaft zu ermöglichen.“ Nötig seien daher maßgeschneiderte Angebote, um zugewanderte Frauen und ihre Partner rechtzeitig zu erreichen. Dazu gehörten insbesondere auf Frauen mit Migrationshintergrund zugeschnittene Bildungsangebote.

„Bildung und ausreichende Sprachkenntnisse sind das ‚A und O‘, um Menschen mit den vorhandenen Angeboten zur Gesundheitsförderung, Familienplanung und Sexualaufklärung zu erreichen“, betonte Prof. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Das treffe auf Deutsche genauso zu wie auf Menschen aus anderen Herkunftsländern. (etb)