Menschlich. Emotional. Mutig.

Türkische Männer in Berlin-Neukölln

In Talkshows und Interviews wird das Bild des türkischen Macho, Kriminellen, Extremisten verbreitet. Das Buch „Halbmondwahrheiten – Türkische Männer in Deutschland – Innenansichten einer geschlossenen Gesellschaft“ von Isabella Kroth zeigt ein anderes Bild von muslimischen Männern.

Zwangsheirat, Ehrenmord, Jugendkriminalität, Islamisten sind die Schlagworte derzeitiger Diskussionen über Integration. In diesem Kontext ist Integration „gescheitert“. Insbesondere muslimische Männer sind die Gruppe, von der angenommen wird, sie wären integrationsunwillig oder gar integrationsunfähig. Viel zu viele Publikationen von verschiedenen Autorinnen und Autoren beschreiben das Bild und bedienen die Klischees. Damit sind sie berühmt geworden und diese Berühmtheit hat ihnen nicht nur finanziellen Reichtum beschert, sondern gleichwohl sind diese Literaten zu Integrationsexperten unserer Gesellschaft aufgestiegen. In Talkshows und Interviews wird damit das Bild des Macho, Kriminellen, Extremisten, Ganz-und-gar-Andersartigen verbreitet.

Das Buch „Halbmondwahrheiten“ von Isabella Kroth zeigt nun ein anderes Bild von muslimischen Männern. Zwölf Porträts von türkischen Männern bieten Einblicke in Geschichten die das Leben und die Integration in Deutschland schrieben. Die autobiografischen Berichte nehmen den Leser und die Leserin mit, sie vermitteln ohne erhobenen Zeigefinger und ohne auf die Tränendrüse zu drücken einen emotionalen Zugang zu den schwierigen Lebenswegen der einzelnen Männer. Jede Geschichte für sich ist dramatisch, traurig, authentisch und einzigartig.

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Die Art der Darstellung von Frau Kroth ist klar, die Geschichten sind in kurzen Sätzen verfasst. Damit erscheinen die Porträts lebendig, die Männer haben es so erlebt und berichtet. Wir erleben Türken, die ähnliche persönliche Probleme und Schwierigkeiten haben, wie viele Männer in Deutschland. Auch sie wurden von ihren Frauen verlassen, haben Schwierigkeiten mit den Kindern, mit Drogen, mit Arbeitslosigkeit, Einsamkeit und Kraftlosigkeit und der Suche nach Wegen aus der Verzweiflung. Die Episoden zeugen von Mut und Unverzagtheit – trotz aller widrigen Umstände. Woher nehmen die Männer dieses schneidige Selbstvertrauen?

Kazim Erdogan hat es geschafft, den Männern ihr Selbstwertgefühl zurückzugeben. Als Teilnehmer einer wöchentlichen Männergruppe in Neukölln haben sie gelernt über ihre Probleme nachzudenken, sie auszusprechen und Lösungen und Wege für sich selber zu suchen. Herr Erdogan zeigt uns die Menschen hinter den Klischees: jeder Mensch ist einzigartig. Die Unterschiede zwischen den Kulturen sind kleiner sind als wir denken. Hinter jedem Zugewanderten steht eine Geschichte, die sich nicht mit den üblichen Klischees beschreiben lässt. Integration ist nicht gescheitert, sondern die Kommunikation untereinander. Wir müssen uns kennenlernen und miteinander ins Gespräch kommen, das zeigt uns Herr Erdogan.

Das Buch ist uneingeschränkt empfehlenswert für die, die nebeneinander leben wollen. Für diejenigen, die miteinander leben wollen ist es eine Pflichtlektüre!