Deutsche Presse

19. bis 24.04.2010 – Özkan, Islamkonferenz, South Park

Die deutsche Presselandschaft räumt der Ernennung von Aygül Özkan zur Sozialministerin in Niedersachsen breiten Raum ein. Mit der 38 Jahre alten Rechtsanwältin Özkan als Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration wird erstmals eine Muslimin Ministerin in Deutschland. Des Weiteren wird über eine Umstrukturierung der Deutschen Islam Konferenz (DIK) berichtet. Bundesinnenminister Thomas de Maizière habe zugesagt, zwei weitere islamische Verbände einzuladen.

19. April 2010

Tagesspiegel: „Diese Typen haben den Koran nie aufgeschlagen“

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Der Tagesspiegel interviewt die Duisburger Islamkundelehrerin Lamya Kaddor, die „als Vordenkerin der liberalen Muslime in Deutschland“ gelte. Sie sagt, dass schlechtes Abschneiden von muslimischen Schülern im Bildungssystem „nichts mit der Religion, sondern mit der sozialen Herkunft zu tun“ habe und auch deutsche Jugendliche davon betroffen sind. Die Schüler wüssten ohnehin kaum etwas über den Islam. Keine ihrer kopftuchtragenden Schülerinnen könne beispielsweise erklären, „warum sie es trägt. Sie sagen: Das steht im Koran. Dann frage ich: Wo denn? Antwort: Das weiß doch jeder, dass das da drin steht! Ich selbst halte das Kopftuch hier im Deutschland des 21. Jahrhunderts einfach für unzeitgemäß. Im 7. Jahrhundert, als Mohammed den Koran empfangen hat, war man ohne das Tuch angreifbar, fast vogelfrei. Diese Schutzfunktion braucht es in der heutigen Gesellschaft nicht mehr, da mich Recht und Gesetz schützen.“

Auch Gewaltakte wie Ehrenmorde seien nicht mit dem Islam vereinbar. „Die Typen, die heute ihre Schwestern wegen der Familienehre umbringen (…) haben den Koran nie aufgeschlagen.“ Sie halte Necla Keleks Behauptung, an allem Übel in türkischen Familien der Islam Schuld sei, für unbegründet: „Frau Kelek ist Soziologin, ihre Stärke liegt darin, die Probleme, die Wertvorstellungen einiger Muslime zu beschreiben. Sie sie ist keine Islamwissenschaftlerin, keine Theologin. Ihr Rückschluss, dass die Religion an allem schuld sei, ist Quatsch.“

Süddeutsche Zeitung: Türken schwach integriert

Die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet auf Grundlage einer Studie, die in der Welt am Sonntag veröffentlicht wurde, dass die Türken unter den Minderheiten in Deutschland die größten Schwierigkeiten bei der Integration „in Gesellschaft und Arbeitsmarkt“ hätten. Auch die sozialen Unterschiede sind laut Studie erheblich: Mehr als 15 Prozent der Türken, aber nur 7,6 Prozent der Griechen lebten von Hartz IV. Ebenso zeigen sich bei den Deutschkenntnissen Differenzen. Jeder fünfte Türke, aber nur jeder 17. Italiener oder jeder zehnte Pole beherrscht die deutsche Sprache mangelhaft oder gar nicht. Die Hälfte der Türken pflege zudem selten Kontakte zur deutschen Bevölkerung. Der Großteil der Italiener und Migranten aus dem früheren Jugoslawien gab hingegen an, mehrmals in der Woche freundschaftliche Kontakte zu Deutschen zu haben.“

Merkur Online: Integration beginnt von unten

Der Merkur Online räumt den Ansichten des Kulturbeauftragten des Landkreises Ottobrunn, Mustafa Sahin, breiten Raum ein. Gemäß seinem Grundsatz, dass ‚Integration nicht von oben, sondern von unten‘ beginnt, will der in Putzbrunn lebende Türke jetzt im Raum Ottobrunn/Neubiberg/Putzbrunn noch viel mehr auf die Beine stellen. Gerade auf dem Land sieht er ein großes Defizit an speziellen Angeboten und Institutionen: ‚In der Stadt gibt es den Ausländerbeirat und zahlreiche Vereine, in denen sich die Menschen aufgehoben fühlen. Doch hier haben wir nichts.‘ Das soll sich jetzt ändern: Multi-Kulti-Feste, die regelmäßig stattfinden sollen, Nachhilfe-Kurse für ausländische Kinder, die noch nicht gut Deutsch können, Hausaufgabenbetreuung – das sind nur einige der Einsatzfelder, auf denen der neu gegründete Arbeitskreis ‚Begegnung der Kulturen‘ tätig werden will.“

20. April 2010

TAZ: „Selbst beim Islamismus gibt es große Unterschiede“

Die TAZ führte ein Interview mit Islamismus-Expertin Claudia Dantschke, die kürzlich den Ingeborg-Drewitz-Preis erhalten hat. Dabei sprach sie sich gegen Pauschalisierungen aus: Eine pauschaliserende Islamkritik spielt nur den demokratiefeindlichen Kräften auf muslimischer Seite zu. Die können dann sagen: Seht, sie hassen uns! Darum halte ich von solchen polarisierenden Debatten nichts.“ Auf die Frage, ob sie nicht ebenfalls dazu beitrage, Vorurteile zu schüren, da sie sich lediglich mit den „negativen Seiten des Islam“ befasse, antwortete Dantschke: „Ich glaube nicht, weil ich mich von jeder pauschalisierenden Islamkritik klar abgrenze – und ich finde, das muss man auch. Mich stört dieses kulturalistische Denken, das Menschen allein aufgrund ihrer Herkunft feste Identitäten zuschreibt. Es gibt ja nicht „die Muslime“ oder „den Islam“, und selbst beim Islamismus gibt es große Unterschiede. Die meisten islamistischen Gruppen in Deutschland predigen ja weder Terror noch Gewalt.“

Schließlich kommentiert Dantschke auch den Ausschluss der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) aus der Deutschen Islamkonferenz (DIK): „Ich verstehe zwar, warum Thomas de Mazière sie nicht als Vollmitglied an der Islamkonferenz teilnehmen lassen will. Er scheut vor der symbolischen Anerkennung zurück, die das bedeutet. Aber ich finde, man sollte zumindest auf der Arbeitsebene ruhig mit Milli Görüs reden. Es ist schließlich eine der größten muslimischen Organisationen hierzulande.“

Deutschlandradio: Nah am Vorurteil

Dorothea Jung kommentiert das neu erschienene Buch der selbsternannten Islamkritikerin Necla Kelek, „Himmelsreise – Mein Streit mit den Wächtern des Islam.“ Darin stellt Jung heraus, dass Kelek in ihrem Buch nicht wissenschaftlich vorgehe. Locker reiht sie autobiografische Details, persönliche Erlebnisse und private Gespräche zu einer unterhaltsamen Szenenfolge aneinander und fügt Passagen mit theoretischen Betrachtungen hinzu. Das liest sich dann sehr flott, weist aber keine schlüssige inhaltliche Struktur auf. Oft auch schreibt die Autorin verallgemeinernd – nicht selten nah am Vorurteil. Etwa in einem Kapitel über muslimische Zuwanderer, die in Deutschland nicht heimisch geworden sind. Deutschland bedeute ihnen gar nichts, weder seine Kultur noch seine Geschichte noch seine Landschaften, behauptet Necla Kelek.“

Zu den Positiva ihrer Publikation gehöre ihre „Sensibilität gegenüber demokratiefeindlichen Phänomenen in muslimischen Milieus. Oder wie couragiert sie die Entscheidungsfreiheit des Individuums gegen die Orthodoxie islamischer Alltagsvorschriften verteidigt.“ Allerdings gleite „Necla Keleks Tonart manchmal ins Gehässige ab. Da ist dann bisweilen der Zungenschlag einer Eiferin zu hören. Und der wird niemanden überzeugen – am wenigsten die Eiferer aus dem islamistischen Lager.“

FAZ: Kabinettsumbildung in Niedersachsen

Die FAZ berichtet über die Neubesetzung des niedersächsischen Kabinetts, insbesondere über die Besetzung des Amtes als Sozialministerin durch Aygül Özkan: „Mit der 38 Jahre alten Rechtsanwältin Özkan als Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration wird erstmals eine Muslimin Ministerin in Deutschland. Die frühere Unternehmerin Özkan war bisher Wirtschaftssprecherin der Hamburger CDU-Fraktion und ist seit 2008 stellvertretende Landesvorsitzende der CDU in Hamburg. Die gläubige schiitische Muslimin sagt, sie sei in die CDU gerade wegen des „C“ eingetreten, da sie sich in den Werten Familie, Zusammenhalt und christliche Nächstenliebe wiederfinde. Sie ersetzt Mechthild Ross-Luttmann, die überregional durch ihre Koordinationsaufgabe bei der Durchsetzung des Nichtraucherschutzes bekannt wurde. Unterstützt wird Frau Özkan durch den neuen Staatssekretär Heiner Pott, bisher Oberbürgermeister der Stadt Lingen, und die Integrationsbeauftragte Honey Deihimi, deren Aufgabe vom Innenministerium in das neue Ressort verlagert wird. Bisher zählte das Politikfeld Integration zum Ressort des Innenministers Uwe Schünemann, der sich in seiner Politik als „Hardliner“ gibt und sich in jüngerer Zeit von Ministerpräsident Wulff entfremdet zu haben scheint.

Die Welt: Deutschlands erste türkischstämmige Ministerin

Die Welt berichtet ebenfalls über die erste türkische Ministerin, räumt dabei aber insbesondere ihren Eigenschaften und eigenen Aussagen breiteren Raum ein: Jung, konservativ – und muslimisch. Diese Eigenschaften verkörpert die Deutsch-Türkin Aygül Özkan (38). Doch gleichzeitig hat die Juristin ein ganz modernes Profil.  Ob Facebook oder Xing, die designierte neue Sozialministerin in Niedersachsen ist in allen gängigen sozialen Netzwerken im Internet präsent. (…) Das Profil der 38-Jährigen gebürtigen Hamburgerin passt perfekt zu Bestrebungen der CDU, die sich seit Jahren um eine bessere Verankerung in der türkischen Community in Deutschland bemüht. Immer wieder wird Özkan gefragt, wie sie sich als erste Quoten-Migrantin in einer Regierung fühlt. ‚Darauf lasse ich mich nicht reduzieren‘, sagt sie.“

Zu ihren Zielen gehöre „vor allem die frühkindliche Bildung von Migrantenkindern (…). Sie wolle bei den Eltern dafür werben, dass sie ihre Kinder frühzeitig in die Kita schicken. (…) In Hamburg setzte sich die 38-Jährige dafür ein, Unternehmer und junge Menschen mit Migrationshintergrund zu unterstützen.“

Die Welt: SPD verleiht Buschkowsky Bürgerpreis

Die SPD hat den Bürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky, gekürt: Der streitbare Bürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD), ist für seinen „Mut zum Widerspruch“ mit dem Gustav-Heinemann-Bürgerpreis 2010 ausgezeichnet worden. Er sei ein Berliner Sozialdemokrat, „auf den wir stolz sind“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel bei der Ehrung. (…) Der Bezirksbürgermeister von Neukölln hatte in der Vergangenheit mehrfach mit provokanten Äußerungen über „Hartz IV“-Empfänger und die Integration von Migranten bundesweit für Schlagzeilen gesorgt.“

Der Tagesspiegel: Ganz schön mutig

Der Tagesspiegel kommentiert die Preisverleihung an Buschkowsky: Wer steht für folgende Zitate und Thesen: ‚Multikulti ist gescheitert.‘ – ‚Man muss nicht verschweigen, dass 80 Prozent der Straftäter in Neukölln Migranten sind und 85 Prozent der Opfer Deutsche.‘ – ‚Die Gutmenschen warten, denen werde ich zum Fraß vorgeworfen.‘ – Gegenüber ‚Störerfamilien‘ müsse es eine Mischung aus Prävention und Repression geben. – Türkischsprachige Werbeplakate seien integrationsfeindlich, denn ‚ich finde, im öffentlichen Raum sollte man sich in der Landessprache Deutsch präsentieren‘.

All das stammt allein und ausschließlich von Buschkowsky, der als einer der Ersten die mit der Einwanderung von Muslimen verbundenen Probleme wie Zwangsheirat, Ehrenmorde, Jugendkriminalität und Straßenbanden ins Zentrum seiner Politik gestellt hat. Weil er weiß, wovon er spricht, gilt er nicht nur als authentisch, sondern lässt etwa auch einen Teil der Schulen in seinem Bezirk von privaten Wachschützern überwachen.

Würde Gabriel nun wirklich den ‚Mut zu Widerspruch‘ würdigen, das Sprechen einer „klaren Sprache“, die „Unbeugsamkeit gegenüber Autoritäten“, dann könnte er selbst ein wenig mehr Mut beweisen, indem er nicht den Anschein erweckt, zwischen Sarrazin und Buschkowsky lägen Welten. Sollte der Bundes-SPD-Chef diesen Mut irgendwann aufbringen, werden wir nicht länger zögern und folgenden Satz in Großbuchstaben schreiben: ‚Sigmar Gabriel ist ein deutscher Sozialdemokrat, auf den wir stolz sind.‘“

21. April 2010

Augsburger Allgemeine: Werte der Demokratie wahrnehmen und verteidigen

Die Augsburger Allgemeine räumt den Worten des katholischen Theologen Wilfried Puhl-Schmidt aus Kehl am Rhein breiten Raum ein. So habe dieser im Rahmen einer Seminarreihe erläutert, dass die Inhalte des Koran in zentralen Fragen nicht mit den Menschenrechten und dem Grundgesetz“ übereinstimme. Laut Puhl-Schmidt stehe im Koran die Toleranz der Macht und den blutigen Eroberungen gegenüber. Das sind die zwei Seiten einer Medaille, die im Koran zum Ausdruck kommen“, behauptet er. Die Gefahr, die daraus hervorgehe, sei folgende: „Wir erleben es nicht mehr, dass das Grundgesetz dem Koran weichen muss, aber unsere Enkelkinder.“

Dennoch plädierte der Theologe zumindest in Bezug auf die Muslime in Deutschland für ein Miteinander: „Die Muslime sind nicht alle extrem. Sie können durch das Kennenlernen unserer Werte und durch offene Diskussion, einbezogen werden. (…) Fördern Sie die Integration, versuchen Sie, türkische Mitmenschen als Freund zu gewinnen.“

Neue Zürcher Zeitung: Wie hast du’s mit der Religion, Europa?

Eren Güvercin von der Neuen Zürcher Zeitung interviewte den französischen Politologen und Islamexperten Olivier Roy, dessen neues Buch Heilige Einfalt – Über die politischen Gefahren entwurzelter Religionen“ erstmals auch auf Deutsch erschienen ist. Roy erklärte, dass man in Europa „eher widerwillig“ akzeptiere, dass der Islam „aufgrund der verfassungsmässig garantierten Religionsfreiheit nicht verboten werden kann“; man bemühe sich aber, seine sichtbare Ausprägung einzuschränken.

In seinen weiteren Erläuterungen stellte Roy heraus, dass „der Terrorismus, den al-Kaida praktiziert, in der islamischen Geschichte ebenso unbekannt wie in der christlichen“ sei. Es handle sich um „neue Phänomene“, die den Methoden der Roten Brigade oder der Tamil Tigers gleichen. Es bestehe bei der Radikalisierung aber keineswegs ein Zusammenhang zur Armut. „Ich halte den gegenwärtigen Konflikt für eine Fortsetzung der alten Konfrontation zwischen antiimperialistischen, von der Dritten Welt ausgehenden Bewegungen, die sich gegen den Westen und spezifisch gegen die USA richten.“

Außerdem gebe es „eine erstaunlich grosse Zahl von Konvertiten unter den Kaida-Mitgliedern; das ist mittlerweile eine anerkannte Tatsache, der aber zu wenig Beachtung geschenkt wird. Die Konvertiten sind Rebellen ohne Ziel und Orientierung, die sich vor 30 Jahren vielleicht der RAF oder den Roten Brigaden angeschlossen hätten; heute wenden sie sich einfach der erfolgreichsten Bewegung auf dem antiimperialistischen Markt zu. Sie stehen immer noch in der Tradition eines mehrheitlich westlichen revolutionären Millenarismus, der sich von der Utopie einer neuen, gerechten Gesellschaft weitgehend abgewandt hat.“

Von einer Reformierung des Islam halte Roy herzlich wenig: „Die Leute, die nach einem ‚muslimischen Luther‘ rufen, haben Luther nie gelesen: Er war keineswegs liberal und obendrein ein erklärter Antisemit.“ Gläubige Muslime müssten nicht eine „liberale Auffassung ihrer Religion“ vertreten, um gute Staatsbürger zu sein; denn: „Grundsätzlich scheint es mir nicht sinnvoll, Modernität mit theologischem Liberalismus in eins zu setzen. So zu denken, hiesse, entweder die Geschichte misszuverstehen oder sich reinem Wunschdenken hinzugeben.“

Zeit Online: Eine türkisch-islamische Selbstkritik

Jörg Lau zitiert auf Zeit-Online einen Essay Hakan Turans, einem „jüngeren türkischstämmigen Intellektuellen aus Stuttgart“, der die Gründe für die Passivität der türkischen Minderheit in den öffentlichen Diskursen in ihrer Geschichte sucht und Ursachen aufführt. Der Glaube, dass der Durchschnittsmuslim in dieser Welt niemals eine faire Chance bekommen wird öffentliches Gehör zu finden, geschweige denn etwas zu verändern“, sei das primäre Problem. Er entstamme aus dem „tief verwurzelten Obrigkeitsdenken, in dem der Staat und die mediale Öffentlichkeit eine Art transzendente Sphäre darstellen, die von oben herab jederzeit Segen, oder Sturm und Hagel senden kann, die umgekehrt für uns jedoch sowohl unerreichbar, als auch unveränderbar ist.“

Bereits bei der Republikgründung 1923 habe der türkische Staat dem Volk beigebracht, „dass der Bürger angesichts des Staates annähernd unbedeutend ist.“ Insbesondere die Bevölkerung Anatoliens habe „Aufklärung überwiegend als staatlich vorgeschriebene, blinde Assimilation an eine europäische Lebensweise erfahren – ein Weg in die Moderne mit Hut und Walzer statt mit dem Mut zum Gebrauch des eigenen Verstandes.“ Dieser Obrigkeitsgedanke habe zur Folge, dass jedwede Oppositionsmöglichkeit „dem Volk als aussichtslos und Demokratie und öffentliche Diskursmöglichkeiten als Augenwischerei“ gelten.

Islamische Zeitung: „Nicht verpflichtend“

Die Islamische Zeitung (IZ) berichtet über den Islamwissenschaftler Sven Kalisch, der kürzlich bekannt gab, den islamischen Glauben abgelegt zu haben: Der umstrittene Islamwissenschaftler Muhammad Kalisch (44) von der Universität Münster ist kein Muslim mehr. ‚Herr Kalisch hat die Hochschulleitung darüber in Kenntnis gesetzt‘, sagte ein Universitätssprecher am Mittwoch und bestätigte einen Bericht des WDR. Auch das Wissenschaftsministerium sei informiert. Zu den Gründen habe Kalisch – der als Jugendlicher vom Protestantismus zum Islam konvertiert war – sich nicht geäußert. (…)‘Aus Sicht der Hochschule wird dies keine Konsequenzen mit sich bringen‘, sagte der Universitätssprecher zur Entscheidung von Kalisch. Es sei nicht verpflichtend, dass ein Hochschulprofessor – auch nicht ein Islamwissenschaftler – Muslim sein müsse.“

Die Welt: Özkan will Ausländerkinder früh in Kitas schicken

Die Welt berichtet über Ziele der neuen niedersächsischen Sozialministerin Aygül Özkan: Kinder mit Migrationshintergrund sollen nach Ansicht der designierten niedersächsischen Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) früh in den Kindergarten. Dafür wolle sie kämpfen, denn die Ausländerkinder sollen dadurch ‚die Sprache und die hiesige Kultur kennenlernen. Dafür werde ich kämpfen. ‘“ Die Ministerin habe sich auch zu ihrem Privatleben geäußert: „Ich bin nicht strenggläubig. Aber ich feiere mit meiner Familie die islamischen Feiertage. Allerdings erkläre ich meinem Sohn auch, was Weihnachten ist. Ich finde, das ist eine gesunde, moderne Art, Religion zu praktizieren.“

22. April 2010

Süddeutsche Zeitung: Prophet im Bärenpelz

Die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet über Drohungen an die Macher der US-Trickfilmserie South Park, weil sie den Propheten Muhammad (saw) in einem Bärenkostüm dargestellt haben: Dass South Park nicht gerade zimperlich mit Minderheiten umgeht, dafür ist die Comic-Sendung berühmt. Aber nach einem Gastauftritt des Propheten Mohammed im Bärenkostüm haben die beiden Erfinder der US-Zeichentrickserie South Park, Trey Parker und Matt Stone, wirklichen Ärger – und zwar mit einer radikalen US-Muslimgruppe.

In der kritisierten Folge treten die Stifter aller großen Religionen auf. Nur Mohammed, dessen Abbildung in dänischen Zeitungen vor vier Jahren zu Krawallen geführt hatte, fehlt. Stattdessen diskutieren alle, wie Mohammed denn abgebildet werden dürfe und kommen zu folgendem Ergebnis: als großer Teddybär.

Laut CNN-Bericht von Mittwoch rief die Gruppe Revolution Muslim auf ihrer Internetseite zum Protest gegen die South Park-Macher auf – begleitet von einem Foto des niederländischen Filmemachers Theo van Gogh, der im Jahr 2004 wegen eines islamkritischen Films von einem radikalen Muslim ermordet worden war. Die Produzenten von South Park wollten den Vorfall nicht kommentieren.“ Ein Sprecher der Muslimgruppe habe die Vorwürfe abgelehnt und versichert, dass sie lediglich zu Protesten aufgerufen hätten.

Die Welt: Özkan: Migrantenkinder müssen früh in Kitas

Die Welt berichtet von den Zielen Aygül Özkans (CDU): „Die designierte niedersächsische Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) verlangt von Migranten mehr Anstrengungen. „Es ist ein Fordern und Fördern“, sagte die erste muslimische Ministerin der „Neuen Presse“. Im jüngsten Integrationsbericht hätten die Türken „zu schwach“ abgeschnitten. Staatliche türkische Schulen in Deutschland lehne sie ab. Der „Bild“-Zeitung sagte sie, Migrantenkinder sollten früh in die Kita gehen, um die deutsche Sprache und Kultur kennenzulernen.“

TAZ: Not my Generation

Mely Kiyak kommentiert in der TAZ die aktuelle Asylpolitik: Warum ist es so aus der Mode gekommen, für eine freundliche Asyl- und Flüchtlingspolitik zu kämpfen? Der letzte große Massenprotestmarsch, der die Asylpolitik betraf, liegt nun nahezu 20 Jahre zurück. Und noch nie habe ich als Karriereziel gehört: Ich will zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Es scheint mir, dass sozial Sensibilisierte ihren Idealismus und Kampfgeist vor allem in Nichtregierungsorganisationen investieren. Der Rest meiner Generation, der Verantwortung übernimmt, trägt Köfferchen und macht sich Strähnchen in die Haare.“

Sie ist empört über Politiker ihrer eigenen Generation und drückt ihre Unzufriedenheit folgendermaßen aus: „Nicht im Traum dachte ich an Politiker wie unsere Familienministerin Kristina Schröder (32), den gesundheitspolitischen Sprecher der CDU/CSU, Jens Spahn (29) oder den parlamentarischen Staatssekretär aus dem Gesundheitsministerium Daniel Bahr (34). Auch nicht an Leute wie den Generalsekretär der FDP, Christian Lindner (31), den SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil (37) oder die Jusovorsitzende Franziska Drohsel (29) – an so eine Politikerriege, die mit ihren Köfferchen ins Büro gehen, mit Blazern und blonden Strähnchen, und die in Talkshows die einschläfernden Attitüden und krampfverstärkenden Phrasen der Alten nachäfft. An so etwas hatte ich nicht gedacht, als ich meiner Generation das Vertrauen aussprach.“

TAZ: Raus aus der Resignation

Alke Wierth berichtet in der TAZ von der „Plattform gegen Rassismus“ des „Vereins für alternative Migrationspolitik“, die unter der Überschrift „Integration? Nein Danke!“ eine Kampagne veranstaltet hat: „Die Auftaktveranstaltung im Kreuzberger Familiengarten ist gut besucht, viele der etwa 100 Gäste müssen stehen. MigrantInnen unterschiedlichster Herkunft sind in der Mehrheit. Das zeige die Brisanz des Themas, freut sich Garip Bali. Am Ende seiner langen Aufzählung bedankt er sich ausdrücklich bei Thilo Sarrazin: Der habe deutlich gemacht, was mit dem Begriff Integration tatsächlich gemeint sei – nämlich Assimilation – und zudem, welche große Zustimmung diese Auffassung finde ‚durch alle gesellschaftlichen Schichten hindurch‘, so Bali. ‚Wir wollen aber nicht nur meckern‘, beendet er seine Analyse. ‚Wir wollen nach Alternativen zu diesem von der Mehrheitsgesellschaft diktierten Begriff suchen.‘“

23. April 2010

Neue OZ Online: Muhammad und Deutschland

Die Neue OZ Online berichtet über eine Veranstaltung des Bündnisses der muslimischen Moscheen in Osnabrück, das anlässlich der Geburtswoche des Propheten Muhammad (saw) zu einem interreligiösen Dialog eingeladen hat: Die Konferenz solle das Verständnis zwischen den Religionen verbessern und helfen, Vorurteile abzubauen, sagte Veranstaltungssprecher Abdul-Jalil Zeitun, Imam und Vorsitzender der Ibrahim-Al-Khalil-Moschee. (…)Nicht mehr übereinander, sondern miteinander reden, solle die Devise sein, so Zeitun.“

Seyfi Bozkus von der DITIB habe erklärt, „das Koranverständnis basiere nicht auf Wissen, sonderndie oberflächlichen Diskussionen. So werde der Islam heute vielfach mit Gewalt, Terror und Unterdrückung der Frau assoziiert.“

„Der gegenseitige Austausch ist für Osnabrück sehr wichtig. Das Wissen, wie sich der jeweilige Glaube in der Gesellschaft dokumentiert, hilft uns, besser aufeinander reagieren zu können und Hemmschwellen abzubauen“, so Polizeipräsidentin Heike Fischer.“

Zeit Online: Die Wahrheit über South Park und die “Islamisten”

Jörg Lau kommentiert auf Zeit-Online die Morddrohungen an die Macher South-Parks aufgrund der Darstellung des propheten Muhammad (saw) in einem Bärenkostüm: In der zweihundertsten Folge der Cartoon-Serie South Park tritt der Prophet Mohammed in einem Bären-Maskottchen-Kostüm auf. Das hat sich eine Gruppe von Islamisten mit dem wichtigtuerischen Namen “Revolution Muslim” auf ihrer Website zum Anlass genommen, den Machern von South Park in Erinnerung zu rufen, sie könnten wie Theo van Gogh enden. Die Gruppe ist für ihre lauten Strassenproteste bekannt und für ihren wilden Israelhass, den schon die Aufmachung der Homepage dokumentiert. Wie ernst ist sie zu nehmen?“

Die Frage wird so beantwortet: „Das ist eine Bande durchgeknallter Konvertiten zum Islam, die vor allem den radical chic suchen. Heißt nicht, dass sie nicht ernst zu nehmen seien, es gibt leider viele gefährliche Irre unter den Konvertiten. Aber wenn es jetzt überall heißt, eine “islamistische Gruppe” bedrohe South Park, dann sollte das doch bitte mit einer gewissen Distanz behandelt werden: Dies hier ist eine Gruppe von spinnerten Freaks.“

FAZ: Warum Tom Cruise auf Mohammed verfällt

In der FAZ kommentiert Michael Hanfeld das gleiche Thema: Die Macher von „South Park“ sind zu schlau für die Islamisten. Sie rechnen mit der Dummheit derer, über die sie sich in ihrer Jubiläumsfolge lustig machen, sie fordern sie explizit heraus. Und die, die gemeint sind, reagieren auf die Jubiläumsfolge 200 der Serie genauso so wie erwartet: mit einer Todesdrohung. (…)Die Islamisten aber haben wieder einmal nichts kapiert. Denn „South Park“ macht sich gar nicht über den Propheten lustig, sondern über die, die in seinem Namen auftreten und Intoleranz predigen, um es vorsichtig zu sagen. Parker und Stone machen sich über alle lustig, die keine Kritik vertragen, sich für unfehlbar halten und Bilderverbote verhängen.“

TAZ: Wowereit will umdenken

Sabine am Orde berichtet in der TAZ von der „Zukunftswerkstatt Integration“ der SPD: „Lange Zeit hat das Thema für die Sozialdemokraten keine Rolle gespielt. Man wiederholte die bekannten Positionen zum kommunalen Ausländerwahlrecht und der doppelten Staatsbürgerschaft und sah die CDU, die sich den Realitäten der Einwanderungsgesellschaft verweigerte, weit hinter sich. Neue, innovative Vorstöße zur Integrationspolitik gab es nicht. ‚Wir dachten, die Migranten haben wir sowieso in der Tasche‘, sagte Kenan Kolat am Donnerstag im Willy-Brandt-Haus. ‚Aber das hat sich verändert‘. In der CDU habe sich vieles getan, die SPD müsse nun das Terrain zurückgewinnen. ‚Wir brauchen eine Willkommenskultur und müssen den Aufstiegswillen der Menschen unterstützen.‘“

Berlins regierender Bürgermeister Wowereit habe dabei ein Umdenken gefordert: „‘Integration ist ein Thema, das weit über die Migranten hinausgeht‘, sagte Berlins Regierender Bürgermeister. Es gehe darum, dass immer mehr Menschen aufgrund sozialer Problemlagen von der gesellschaftlichen Teilhabe abgekoppelt sind, sie alle müssten integriert werden: ‚Die alleinerziehende Mutter in Berlin-Marzahn hat oft die gleichen Probleme wie eine türkischstämmige Familie in Berlin-Kreuzberg.‘ Die immer größer werdende Aufspaltung der Gesellschaft sei das Problem.“

Die Schritte der CDU in Form von Islamkonferenz und Berufung Özkans als Ministerin seien nur „Symbolpolitik“: „Natürlich ist die Berufung von Frau Özkan zu begrüßen. Aber entscheidend ist doch, welche Integrationspolitik gemacht wird.“

24. April 2010

FAZ: Einladungsliste zur Islamkonferenz wird erweitert

Die FAZ berichtet über die Deutsche Islamkonferenz (DIK): „Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hat am Freitag bei einem Treffen mit den zur Deutschen Islam Konferenz (DIK) eingeladenen Verbänden zugesagt, zwei weitere Gruppierungen zur nächsten Runde der Konferenz, die am 17. Mai beginnt, zu laden. Die organisierten Muslime hatten kritisiert, dass sie gegenüber den zehn zur DIK geladenen Einzelpersonen, die überwiegend Islamkritiker sind, unterrepräsentiert seien. Vier der fünf Verbände haben ihre Teilnahme zugesagt:

der Verband der Islamischen Kulturzentren, die Ditib, die Föderation der Aleviten-Gemeinden in Deutschland und die säkulare Türkische Gemeinde. Der Zentralrat der Muslime hat sich abermals Bedenkzeit erbeten. Er ist organisatorisch eng mit dem Islamrat verbunden. Dieser wurde vom Minister ausgeladen, weil gegen führende Mitglieder wegen Untreue ermittelt wird.“