Ehegattennachzug

Sprachtest-Entscheidung stößt auf unterschiedliches Echo

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach das Erfordernis einfacher Deutschkenntnisse beim Ehegattennachzug im Einklang mit Grundgesetz und Europarecht sei (wir berichteten), stößt auf unterschiedliches Echo. Während Grüne und Linke die Entscheidung nicht nachvollziehen können, zeigt sich CDU/CSU erfreut.

„Wir fordern weiterhin, den Spracherwerb beim Ehegattennachzug vor der Einreise nach Deutschland zu streichen. Es ist sehr bedauerlich, dass das Bundesverwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit dieser familienmissachtenden Regelung bestätigt hat“, erklärte Memet Kilic, Sprecher für Migrations- und Integrationspolitik der Grünen-Bundestagsfraktion.

Die Regelung stelle für viele Ehegatten eine unzumutbare Barriere zum gemeinsamen Familienleben dar und trenne Familien über Jahre. Denn die Teilnahme an einem Sprachkurs sei für die Betroffenen oftmals nicht möglich.

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Kilic weiter: „Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass diese Regelung nicht nur gegen das Grundgesetz verstößt, sondern auch gegen das europäische Diskriminierungsverbot sowie gegen die EU-Richtlinie zum Familiennachzug. Es verwundert, dass das Bundesverwaltungsgericht die Sache angesichts des europarechtlichen Bezugs nicht dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt hat, hierzu ist es bei Zweifelsfragen verpflichtet.“

Von der Verfassungswidrigkeit überzeugt
Auch für Sevim Dagdelen, migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, ist es unverständlich, „warum das Bundesverwaltungsgericht die europarechtlichen Fragen nicht dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung und Entscheidung vorgelegt hat. Und das, obwohl der Gerichtshof erst jüngst entschieden hat, dass das Europarecht einen subjektiven Rechtsanspruch auf Familienzusammenführung enthält.“

Nicht nachvollziehbar sei auch, dass sich das Bundesverwaltungsgericht im Ergebnis über die inhaltlichen Argumente und „mühsam dokumentierten Einzelfälle hinwegsetzt, die die Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit der Neuregelung belegen. Statt dessen wurde offenbar unkritisch die durch nichts zu belegende Behauptung der Großen Koalition einer angeblich beabsichtigten Verhinderung von Zwangsverheiratungen und Erleichterung der Integration übernommen“.

Tatsächlich sei die Regelung jedoch „familienfeindlich, diskriminierend und sozial selektierend. Für die Betroffenen sei sie mit einer Zwangstrennung auf unbestimmte Zeit, erheblichen Kosten und psychischen Belastungen verbunden“.

Dagdelen sei nach wie vor fest davon überzeugt, dass die Regelung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße und mit dem Grundgesetz unvereinbar sei. Daher werde die Linkspartei einen Antrag zur Abschaffung dieser Regelung in den Bundestag einbringen.

CDU/CSU begrüßt Entscheidung außerordentlich
Für den stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Günter Krings, ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts „außerordentlich zu begrüßen“. Die Bundesrichter hätten damit „die überfällige Klarheit“ geschaffen, dass die „seinerzeit gegen umfangreiche Widerstände geschaffene Regelung im Einklang mit dem Grundrecht von Ehe und Familie steht“.

„Die entsprechende Regelung des Aufenthaltsgesetzes solle Zwangsehen verhindern, weil Frauen durch den Erwerb von Sprachkenntnissen vor der Einreise in ihrer sprachlichen und sozialen Kompetenz gestärkt werden. Allen ausländischen Familien wird das unmissverständliche Signal gesendet, dass es ohne Deutsch nicht geht. Denn das Beherrschen der deutschen Sprache ist unbestritten der Schlüssel zu einer erfolgreichen Integration in Deutschland schlechthin“, so Krings.

Besonders erfreulich sei der „an Deutlichkeit nicht zu überbietende Hinweis des Gerichts“, dass der klagenden Analphabetin und Mutter von fünf Kindern aus der Türkei sowohl die Alphabetisierung als auch der Erwerb einfacher deutscher Sprachkenntnisse vor der Einreise nach Deutschland zumutbar sei.