Türkische Presse Europa

24.03.2010 – Islamkonferenz, Merkel, Integration, Assimilation

Schwerpunkt der Berichterstattung ist am Mittwoch die Islamkonferenz. Die HÜRRIYET veröffentlicht zudem ein Kurzinterview mit der Bundeskanzlerin, die sich unter anderem gegen eine Assimilation von Migranten ausspricht. Weitere Themen sind anonymisierte Lebensläufe bei Bewerbungen, Gefahren, die von rechtsextremen Gruppierungen ausgehen sowie die Aufforderung des Hamburger Innensenators an die Migranten, sich dem deutschen Verfassungs- und Wertesystem anzupassen.

Islamkonferenz: „Muslime sind dem staatlichen Druck hilflos ausgesetzt“
Die Europaausgaben der türkischen Zeitungen beschäftigen sich mit den Äußerungen des Bundesinnenministers Thomas de Maizière zur Fortsetzung der Islamkonferenz und der Kritik durch den Zentralrat. In der WDR Sendung „eins zu eins“ am Mittwoch habe de Maizière nochmals erklärt, dass eine aktive Teilnahme des Islamrats an der Islamkonferenz ausgeschlossen sei. (HÜRRIYET, MILLIYET, SABAH, ZAMAN)

Die Türkisch Islamische Union (Ditib) und der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) hätten dagegen zugesagt, an dem Vorbereitungstreffen der DIK teilzunehmen. Der Zentralrat der Muslime (ZMD) werde hingegen nicht teilnehmen. Der ZAMAN-Kolumnist Ismail Kul bewertet die Haltung der beiden Verbände, Ditib und VIKZ, als das Ende des Koordininationsrats der Muslime (KRM). Außerdem kritisiert Kul ach die Haltung des Bundesinnenministers, den Islamrat nicht eingeladen zu haben. De Maizière habe dadurch den Anschluss an die Basis verloren. Diese fühlten sich nun ausgeschlossen. Der Minister wäre gut beraten, so Kul, die Basis für sein Vorhaben zu gewinnen und ein „Wir-Gefühl“ zu vermitteln. Stattdessen habe er sich für eine Ausgrenzungslinie entschieden. Die beiden Verbände, die an der Konferenz nun teilnehmen, dürften das aber nicht akzeptieren, so Kul. Außerdem fordert er die islamischen Religionsgemeinschaften auf, Institutionen zu errichten, die dem staatlichen Druck auf intellektuell hohem Niveau begegnen können. Ansonsten seien die Muslime staatlichen Druckmittel hilflos ausgesetzt.

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Merkel: „Keine Assimilation“
Die Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in einem Gespräch mit der HÜRRIYET gegen eine Assimilationspolitik ausgesprochen. „Niemand in Deutschland strebt eine Assimilation an“, sagte Merkel in Bezug auf die Äußerungen des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Deutschland wisse die kulturelle Vielfalt vielmehr zu schätzen.

Merkel sprach sich zudem erneut für eine privilegierte Partnerschaft der Türkei statt einer Mitgliedschaft bei der Europäischen Union aus. Sie erwarte zudem von der Türkei die Beziehungen mit der EU voranzutreiben. Bei ihrer geplanten Türkei-Reise werde sie die Zypernfrage ansprechen, betonte Merkel. Die Türkei müsse die vereinbarten Protokolle einhalten. Auch sind keine Visaerleichterungen in Sicht. Die Bundeskanzlerin glaubt, dass die Grenzen der Türkei nicht sicher sind. Auch MILLIYET berichtet über die Türkei-Reise der Kanzlerin.

„So kann man nicht mit den Muslimen umgehen“
NRW-Innenminister Ingo Wolf habe die rechtspopulistische Partei Pro NRW als „gefährlich für die Demokratie“ bezeichnet, berichtet die ZAMAN. „Pro NRW“ schüre bewusst Ängste vor Überfremdung und transportiere zudem ihre „antidemokratische und ausländerfeindliche Ideologie“, sagte der Minister. Pro NRW unterscheide bewusst nicht zwischen dem Islam als Religion und dem Islamismus, betonte der Minister. Dies zeige nicht zuletzt die undifferenzierte und pauschale Ablehnung von Moscheebauten, die als „Brutstätten für islamische Terroristen“ bezeichnet würden. Die ganz überwiegende Mehrheit aller in NRW lebenden Muslime lehne Gewalt ab, betone Wolf. „So kann man nicht mit den Muslimen umgehen.“

Lüders fordert anonymisierte Lebensläufe bei Bewerbungen
Die neue Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS), Christine Lüders, fordert anonymisierte Lebensläufe in Bewerbungsverfahren, ist in der ZAMAN zu lesen (wir berichteten). „Ich möchte Lebensläufe, auf denen weder ein Foto zu sehen ist, noch Name, Adresse, Geburtsdatum oder Familienstand erkennbar sind. So erreichen wir mehr Chancengleichheit in Bewerbungsverfahren“, sagte Lüders am Montag in Berlin.

„Integration ist Anpassung an das deutsche Verfassungs- und Wertesystem“
Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) habe während einer Diskussion erklärt, dass die Toren von Hamburg für jeden offen stehen. Diejenigen, so Ahlhaus, die es ablehnten, sich der verfassungsrechtlichen und demokratischen Ordnung und dem Wertesystem Deutschlands anzupassen, sollten das Land verlassen. Vertreter türkischer Migrantenorganisationen kritisieren die Äußerungen des Innensenators scharf. (TÜRKIYE, HÜRRIYET).