Türkische Presse Europa

29. und 30.11.2009 – Schweizer Minarett-Verbot, Ehrenmord, Medien

Die Europaausgaben türkischer Tageszeitungen räumen der Volksabstimmung in der Schweiz zum Minarett-Verbot viel Platz ein und zeigen sich Enttäuscht über das Ergebnis. Außerdem werden Studienergebnisse zum Ehrenmord wiedergegeben. Weitere Themen sind das muslimische Opferfest oder Migranten in den Medien.

29.11.2009

Minarett-Verbot in der Schweiz
Die Sonntagsausgabe der MILLIYET räumt dem Referendum zum Bauverbot für Minaretten großen Platz ein und meint, dass beim Referendum nicht um einen Minarett-Verbot geht, sondern um Islam-Verbot.

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Ehrenmord
Einem Bericht der SABAH zufolge werden Ehrenmorde in Deutschland übertrieben. Die offiziellen Stellen gingen von 55 Ehrenmorden in den vergangenen neun Jahren aus. Einer Studie an der Universität Münster zufolge seien allerdings nur zehn dieser Fälle auch von Gerichten als Ehrenmorde bezeichnet worden. Vor Gericht werde häufig festgestellt, dass es sich bei den als „Ehrenmord“ titulierten Taten nicht um geplante Handlungen handelt. Auch werde in der Studie darauf hingewiesen, dass die sog. Ehrenmorde nicht von der Religion legitimiert seien.

Medien sehen Migranten als Opfer
Unter dieser Überschrift berichtet die SABAH über türkischstämmige Journalistin Özlem Topcu, die vom „Hamburger Abendblatt“ zur „Die Zeit“ gewechselt sei. Topcu zufolge haben Medien den Schlüssel zur Integration. Mal abgesehen davon, dass es keine Entscheidungsträger mit Migrationshintergrund in den Medien gibt, gäbe es nicht einmal Journalisten in ausreichender Anzahl. Daher würden Migranten in den Medien oftmals als Opfer dargestellt. Türkische Journalisten in den türkischen Medien hingegen würden die Rolle eines Rechtsanwalts für ihre Landsleute übernehmen. Wichtig aber sei es, objektiv und respektvoll zu schreiben.

Nicht nur Gemüsehändler
Der Inhaber des angesehenen Elektrounternehmens „Kobil“, Ismet Koyun, spricht in der MILLIYET den Bundesbank Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin an und sagt, dass türkische Unternehmer nicht nur aus Gemüsehändlern bestehen.

SPD-Vorsitzender kann türkisch
Der SABAH und MILLIYET ist die Wahl des SPD-Politikers Nils Schmid zum Parteivorsitzenden in Baden-Württemberg eine Meldung wert. Dabei heben die Zeitungen hervor, dass Schmid türkisch spricht. Er sei mit der türkischstämmigen Tülay Schmid verheiratet.

30.11.2009

Minarett-Verbot
Am Tage nach der Schweizer Volksabstimmung zum Minarett-Verbot berichten die türkischsprachigen Zeitungen ausführlich über das „Nein“ zum Minarett. „Diese Schande reicht“ titelt die SABAH meint die Schweizer, die sie sich für das Ergebnis schämen sollten. „Die Schweiz in Händen von Faschisten“ lautet eine zweite Schlagzeile.

Für die MILLIYET haben die Schweizer den Toleranz-Test nicht bestanden. Aus 26 Kantonen hätten sich nur 4 für das Minarett ausgesprochen. Außerdem weist die MILLIYET darauf hin, dass der Urheber der umstrittenen Minarett-Verbot-Plakate ein Deutscher aus Hamburg ist.

„Die Minarette überragt die Schweiz“ titelt die TÜRKIYE in Anspielung an die Reaktionen aus dem Ausland zum Ergebnis der Volksabstimmung.

Ungläubig titelt die ZAMAN „Minarett-Verbot mitten in Europa“ und fügt hinzu, dass die Legitimation für religiöse Ungleichbehandlung nun aus der Urne komme.

EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei
Der neue EU-Erweiterungskomissar Stefan Füle aus der Tschechei habe gesagt, dass die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei weitergeführt werden müssten. Hierüber berichtet die TÜRKIYE.

Schächten nach Betäubung
Die SABAH berichtet über das Schlachten während des muslimischen Opferfestes. Viele Türken, so die Zeitung, hätten an dafür vorgesehenen Betrieben die Tiere nach einer Betäubung schächten lassen.

Türkisch im Lehrplan
Während die für Integration zuständige Staatsministerin Maria Böhmer sich für die Erteilung des Türkischunterrichts an Schulen ausgesprochen habe, auf denen die Rahmenbedingungen stimmen, sei der Türkischunterricht an Schulen im Lehrplan. Zuletzt habe eine Schule in Aachen neben Türkisch auch Russisch als Fremdsprache in den Lehrplan aufgenommen.