Türkische Presse Europa

11.11.2009 – Mauerfall, El-Scherbini, Islamunterricht

Die Europaausgaben der türkischen Zeitungen berichten unter anderem über die Feierlichkeiten zum 20-jährigen Fall der Mauer in Berlin. Weitere Themen sind die Türkei-Reise des hessischen Integrationsministers Hahn, die Schweineblut-Attacke auf eine Moschee in Elsenfeld, der Mordprozess Marwa El Sherbini, Staatsverträge mit Muslimen u.v.m.

„Die Mauer stürzte auf die Türken“ (Schlagzeile)
Die deutsche Vereinigung vor genau 20 Jahren habe die türkischstämmigen Zuwanderer in die Krise gestürzt, meint die SABAH. Die Arbeitslosigkeit unter den Türken sei stark angestiegen und die türkische Jugend sei seitdem in einer Identitätskrise. Auch die HÜRRIYET räumt dem Mauerfall breiten Raum ein und berichtet über die Feierlichkeiten in Berlin.

In welcher Sprache soll der islamische Religionsunterricht erteilt werden?
Der hessische Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) hat eine mehrtägige Türkei-Reise begonnen, berichtet die SABAH. Hahn habe unter anderem mit dem türkischen Staatsminister Faruk Celik den Religionsunterricht in Hessen erörtert. Er habe die Unabhängigkeit der Ansprechpartner angemahnt. Celik habe versichert, dass die DITIB in Deutschland demokratisch organisiert sei. Es gebe keine Einflussnahme aus Ankara. Celik habe zudem hervorgehoben, dass das Erlernen der deutschen Sprache für seine Landsleute sehr wichtig ist. Die türkische Sprache dürfe jedoch nicht vernachlässigt werden. Das wäre dann nämlich keine Integrations- sondern eine Assimilationspolitik. In diesen Rahmen falle auch der Religionsunterricht, der in Türkisch erteilt werden müsse. Hahn habe erklärt, dass er zu 99 Prozent der gleichen Ansicht sei, wie Celik. Nur der Religionsunterricht müsse ihrer Ansicht nach in der Landessprache erteilt werden.

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Laut HÜRRIYET wollen Hahn und Koch unter anderem nach einer Partnerregion für Hessen suchen und Wirtschaftskontakte mit der Türkei vertiefen. Als Partnerstadt sei Izmir im Gespräch.

Schweineblut-Attacke auf Moschee ist aufgeklärt
Knapp zwei Wochen, nachdem die im Bau befindliche Moschee in Elsenfeld mit Schweineblut beschmutzt wurde, haben nun die Fahnder der Aschaffenburger Kripo die Verantwortlichen ermittelt, berichtet die ZAMAN. Einen rechtsradikalen Hintergrund habe die Polizei ausgeschlossen. Grund für den Angriff sei das Unverständnis für die Genehmigung der Moschee.

Ist der Mörder von Marwa al-Scharbini schizophren?
Im Prozess um die tödliche Messerattacke auf die Ägypterin Marwa al-Scharbini im Dresdner Landgericht hätten russische Behörden ein Schreiben vorgelegt, wonach der deutsch-russische Staatsbürger wegen einer “nicht differenzierten Schizophrenie” für ein Jahr von der russischen Generalstaatsanwaltschaft “unter Beobachtung gestellt worden” sei, berichten die MILLIYET und TÜRKIYE. Entgegen dem Dokument aus Russland hatte der psychiatrische Gutachter in Dresden dem Angeklagten die volle Schuldfähigkeit und damit psychische Gesundheit attestiert. Der Staatsanwalt Frank Heinrich habe gestern scharfe Worte für den Angeklagten gefunden: “Was unsere Gesellschaft nicht braucht, sind Menschen wie Sie; Menschen, die mit kruden Vorstellungen hierherkommen, die für die Gesellschaft nichts leisten, dafür aber feige töten. Auch hier haben Sie sich feige gezeigt! Ihr ganzes Auftreten vor Gericht war erbärmlich! Ich bin gottfroh, dass ich Sie hier nur noch bis Mittwoch, dem Tag des Urteils, ertragen muss!”

Zivildienst in der Moschee
Drei junge Muslime leisten ihren Zivildienst in einer Moschee in Halle Westfalen, berichtet die HÜRRIYET.

DITIB wählt neuen Vorstand
Die DITIB hat ihren neuen Vorstand gewählt. Der Vorstand bestehe aus Prof. Dr. Ali Dere (Theologe), Sadi Arslan (Theologe), Dr. Ali Ihsan Ünlü (Arzt), Dr. Fuat Kurt (Dipl.-Bauingenieur), Şinasi Akyürek (Dipl.-Elektronikingenieur), Erdinç Altıntaş (Dipl.-Maschinenbauingenieur) und Orhan Bilen (Dipl.-Elektronikingenieur). Sadi Arslan sei erneut zum Vorsitzenden gewählt worden. (SABAH, ZAMAN)

Keine rechtlichen Hindernisse für Staatsvertrag mit Muslimen
Für einen Staatsvertrag mit Muslimen gibt es rechtlich gesehen keine Hindernisse. Das erklärte Janbernd Oebbecke, Professor für Öffentliches Recht, letzten Donnerstag bei einer Fachtagung in Münster. An der Fachtagung mit dem Thema „Staatsvertrag mit Muslimen in Bremen”, die von der Schura Bremen und der Universität Bremen organisiert wurde, nahmen Vertreter und Vertreterinnen aus Wissenschaft, Parteien sowie islamischen Religionsgemeinschaften teil. (TÜRKIYE)

Türkischstämmige Parlamentarier fordern Integrationsministerium
Die türkischstämmigen Abgeordneten in den Bund und Ländern fordern einen Integrationsministerium, ist in der TÜRKIYE zu lesen. Ein entsprechender Antrag sei beim Bundespräsidenten übergeben worden. Die Parlamentarier hätten zudem die Abschaffung des Optionsmodells gefordert.

“Finger weg von Köln Radyosu”
Der Westdeutsche Rundfunk werde morgen über die Streichung von türkischsprachigen Sendungen beschließen, berichtet die HÜRRIYET. Die Kürzungen betreffen auch andere Sprachen. Mittlerweile wurde eigens zur Erhaltung der türkischsprachigen Beiträge eine Initiative gegründet. Die Initiative, bestehend aus Künstlern, Autoren und Lehrern hat sich in einem Brief an den WDR gewandt und den Erhalt des bisherigen Programms gefordert. Auch auf der Social Media-Plattform Facebook habe sich mittlerweile eine Unterstützergruppe unter dem Namen “Finger weg von Köln Radyosu” gebildet.

Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet (CDU) ruft überdies in einer Gastkolumne in HÜRRIYET die WDR auf, die Sendezeiten des türkischsprachigen Köln Radyosu nicht zu kürzen.

Migrantenkinder verlassen die Schule oft ohne Schulabschluss
Die SABAH titelt: „Einer von drei Migrantenkindern hat keinen Abschluss“. Das seien die Worte der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Unter den deutschen Jugendlichen hätte nur ein Jugendlicher von zehn keinen Abschluss. Die Bildung sei daher einer der wichtigsten Handlungsfelder der neuen Regierung. Die Staatsministerin Maria Böhmer habe dabei betont, dass die Sprache der Schlüssel zur Integration sei, berichtet die HÜRRIYET. Die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss müsse reduziert werden, so Böhmer.