Bülent Arslan

Das christliche und muslimische Menschenbild stimmen überein

Ein Türke in der CDU – geht nicht! „Geht doch!“ sagt Bülent Arslan, Geschäftsführer des Instituts für interkulturelle Management- und Politikberatung (imap) und Vorsitzender des Deutsch-Türkischen Forums der CDU in Nordrhein-Westfalen. Das engagierte CDU-Mitglied und der Experte für Integrationsthemen erzählt in einem Gespräch mit MiGAZIN, wie er das ‚C‘ der CDU mit dem Islam vereint, über Vor- und Nachteile eines Migrationshintergrundes in seiner Partei, die Öffnung und Zukunft der CDU oder über seine Prognose zur Bundestagswahl 2009.

Von Derya Gül Mittwoch, 23.09.2009, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 21.08.2010, 13:13 Uhr Lesedauer: 7 Minuten  |  

MiGAZIN: Warum sind Sie als Türkischstämmiger Mitglied der CDU?

Bülent Arslan: Es ist eigentlich recht unspektakulär. Ich wollte mich politisch engagieren und dann habe ich mir die Partei ausgesucht, die meinem politischen Grundverständnis entspricht. Ich komme weder aus der linken Ecke noch aus einer linken Familie, daher war es klar, dass es eine Partei sein würde, die sich im konservativen Spektrum befindet.

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MiGAZIN: Und was ist mit dem ‚C‘ in der CDU? Schließlich repräsentiert die Partei christliche Werte, Sie sind aber Muslim.

Arslan: Die Frage hier ist, von welchen Werten wir reden. Es geht nicht darum, ob es christliche oder muslimische Werte sind, sondern um was für Werte es sich handelt. Christliche Werte sind nicht immer gleichzusetzen mit Konservativen. Auch sozialistische Werte können konservativ sein. Das ‚C‘ in der CDU bedeutet, dass sich die Partei in ihrem Menschenbild auf das christliche Menschenbild stützt. Das heißt, die CDU geht davon aus, dass der Mensch von Gott geschaffen und deswegen einzigartig und seine Würde unantastbar ist. Und daraus wird vieles auf politische Fragen abgeleitet wie z. B. Fragen zur Abtreibung, Genmanipulation usw. Das ist natürlich ein Menschenbild, das mit einem konservativen türkischen oder auch muslimischen Menschenbild voll übereinstimmt.

MiGAZIN: Welche Rolle spielt die CDU in Ihrem Leben? Hat Sie die CDU geprägt und wenn ja, in welcher Form?

Arslan: Auf jeden Fall. Durch meine Arbeit in der Partei habe ich sehr, sehr viel gelernt über Politik, aber auch für meine persönliche Sozialkompetenz.

MiGAZIN: Wie ist Ihr Selbstbild? Sind Sie Deutscher oder Türke?

Arslan: Ich bin ein Deutscher türkischer Herkunft.

MiGAZIN: Welchen Effekt hat Ihr Migrationshintergrund auf Ihre politische Arbeit? Gibt es Vor- oder Nachteile?

Arslan: Beides trifft zu: Heutzutage bedeutet ein Migrationshintergrund in allen Parteien insofern einen Vorteil, als dass man relativ schnell auffällt. Wenn man halbwegs gut ist, kann man dies auch für sich nutzen, um weiterzukommen in der Parteihierarchie. Auch ist der Migrationshintergrund ein Vorteil, wenn man innerhalb einer großen Gruppe kandidiert. Wenn z. B. 30 Kandidaten für zwanzig politische Ämter kandidieren, hat man als jemand mit einem nichtdeutschen Namen den Vorteil, aufzufallen. Nachteile sehe ich bei der Kandidatur um eine einzige Stelle. Wenn vier oder fünf Personen für ein Amt kandidieren, oder aber auch nur zwei, ist der Migrationshintergrund ein Nachteil.

MiGAZIN: Was bedeutet für Sie Integration?

Arslan: Integration bedeutet, sich innerhalb einer Gruppe als Gruppe zu fühlen. Es ist ein beidseitiger Prozess: Menschen mit Migrationshintergrund müssen sich als Teil Deutschlands fühlen. Genauso müssen Deutsche die Migranten als Teil Deutschlands sehen und anerkennen.

MiGAZIN: Wie schätzen Sie – als Experte der Integrationsthematik – den tatsächlichen Effekt unseres dreigliedrigen Schulsystems auf die Integration junger MigrantInnen in Deutschland ein?

Arslan: Bildung ist ein heikles Thema, weil es in Deutschland zu den letzten Themen gehört, die noch ideologisch besetzt sind. Das jetzige Schulsystem, ein Kompromiss zwischen den linken und bürgerlichen Forderungen, ist in seiner Wirkung im Bezug auf Integration nicht optimal. So wie die Schule jetzt aufgestellt ist, wirkt sie in Großstädten integrationshemmend, weil der Anteil der Migrantenkinder in den Hauptschulen überdurchschnittlich hoch ist. Deswegen sollten wir die Hauptschule verändern: Die Vorbereitung auf praktische Berufe sollte bei diesen Schulen im Vordergrund stehen. Im ländlichen Raum hingegen tritt dieser integrationshemmende Effekt nicht auf, weil dort die Mischung anders ist. Dieses Problem wird sich aber von allein lösen: Aufgrund der demografischen Entwicklung werden langfristig Schulen geschlossen werden müssen. Deshalb wird es einen Umstieg auf ein zweigliedriges Schulsystem geben, in dem es ein Gymnasium und eine Art Mischform zwischen Real- und Gesamtschule gibt. Hamburg ist ein aktuelles Beispiel hierfür und ich denke, dass sich dieser Entwicklungstrend weiter verbreiten wird. Interview Politik

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