Hessen

Erste Integrationskonferenz

Vergangenen Montag fand die Erste Hessische Integrationskonferenz unter dem Motto „Vielfalt leben und gestalten“ statt. Der hessische Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn hatte rund 120 Persönlichkeiten aus verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens eingeladen.

„In Hessen hat es eine vergleichbare Veranstaltung zum Thema „Integration“ bisher noch nicht gegeben. Deshalb bin ich stolz, dass es uns mit dieser Konferenz gelungen ist, nahezu alle wichtigen Partner zu einem Dialog zusammen gebracht zu haben. Denn nur mit der Erfahrung und dem Wissen aller Akteure kann und wird Integration künftig gelingen“, betonte Minister Hahn. „Integrationspolitik ist für die Hessische Landesregierung ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag, der auf die Zukunftsfähigkeit unseres Landes entscheidenden Einfluss hat. Deshalb müssen wir alle Kräfte bündeln, um hier erfolgreich zu sein“, sagte er.

Mit der Ersten Hessischen Integrationskonferenz werde der Beginn eines Prozesses beschrieben, an dessen Ende das ehrgeizige Ziel stehe, einen gesellschaftlichen Konsens herzustellen, der die Notwendigkeit zur Integration als Aufgabe aller Beteiligten definiere. „Zukünftig werden mit vielen Fachleuten und Aktiven der Integrationspolitik weitere Diskussionen stattfinden, die in Fachkonferenzen mit der Erarbeitung konkreter Handlungsschritte münden“, erläuterte Integrationsminister Hahn.

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Nach Angaben des Integrationsministeriums stammt jeder Vierte aus einer Einwandererfamilie, bei Kindern unter sechs Jahren ist es sogar jeder Zweite. Hahn bemängelte, dass Arbeitslosigkeit und Abhängigkeit von Sozialleistungen bei Menschen aus Einwandererfamilien deutlich höher seien. Auch seien die Schulabschlussnoten von Einwandererkindern „dramatisch niedriger“ als die einheimischer Kinder. „Wir haben noch nicht gleiche Startchancen“, sagte Hahn. Hier gebe es Verbesserungsbedarf.

Arbeit und Wirtschaft sowie Bildung
Die gewählten Themen der Konferenz – Arbeit und Wirtschaft sowie Bildung – leiten sich aus den wichtigsten Handlungsschwerpunkten für eine zukunftsorientierte Integrationspolitik ab. Bildungsministerin Dorothea Henzler, Arbeitsminister Jürgen Banzer und Wirtschaftsminister Dieter Posch berichteten über die Aktivitäten ihrer Ressorts und die sich daraus ableitenden Handlungsschritte:

„Voraussetzung für eine gelingende Integration ist das Erlernen der deutschen Sprache. Nur wer mit seinen Mitmenschen kommunizieren kann, wird am gesellschaftlichen Leben aktiv teilnehmen und eine emotionale Verbundenheit aufbauen können“, sagte Kultusministerin Dorothea Henzler.

Deshalb hätten das Hessische Kultusministerium und das Hessische Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit der frühen Sprachförderung von Kindern im Kindergartenalter und in der Grundschule eine besondere Priorität eingeräumt. Die Sicherheit in Wort und Schrift sei zudem auch eine Voraussetzung für den Einstieg in eine qualifizierte Ausbildung und den späteren Beruf. Vor diesem Hintergrund sei sowohl vom Hessischen Wirtschaftsministerium als auch vom Hessischen Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit ein besonderer Fokus auf die Unterstützung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund gelegt worden.

Kultusministerin Dorothea Henzler hob weiterhin hervor, dass Bildung der Schlüssel zur Integration sei: „Eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine gelingende Integration ist die schulische Bildung, die allen Kindern und Jugendlichen in den Schulen unseres Landes gleichermaßen zugänglich sein muss. Wenn Schule, Eltern, alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte auf einer breiten Basis der Übereinstimmung dabei mithelfen, werden sich für junge Migrantinnen und Migranten neue und bessere Zukunftsperspektiven in unserem Land eröffnen.“

Integration durch Arbeit
Der hessische Minister für Arbeit, Familie und Gesundheit Jürgen Banzer betonte die Bedeutung von Möglichkeiten zur Integration in das Arbeitsleben. „Integration in Arbeit ist ein ganz wesentlicher Beitrag zum Gelingen von Integration. Eine abgeschlossene Berufsausbildung ist der Schlüssel dazu. Ohne Berufsausbildung ist die Wahrscheinlichkeit, arbeitslos zu werden, fast dreimal so hoch wie mit einem beruflichen Abschluss. Gerade im Hinblick auf die demografische Entwicklung in den kommenden Jahrzehnten müssen wir jeden Menschen mitnehmen. Dafür brauchen wir auch die Menschen mit Migrationshintergrund, denen wir helfen, ihre Talente zu entfalten“, erklärte Arbeitsminister Jürgen Banzer.

Dem schloss sich der hessische Wirtschaftsminister Dieter Posch an: „Die demografische Entwicklung führt bereits heute in einigen Segmenten des Arbeitsmarktes zu einem Fachkräftemangel, der sich zukünftig noch verstärken wird. Wir können es uns deshalb nicht leisten, das Potenzial an Erwerbspersonen, das bei den Personen mit Migrationshintergrund brach liegt, nicht oder nur unzureichend zu nutzen.“

Roland Koch: Ein kontinuierlicher Gesprächsfaden
„Wir brauchen uns in Hessen in Sachen Integration wahrlich nicht zu verstecken. Die Hessische Landesregierung hat schon seit dem Jahr 2000 mit der Einrichtung eines Integrationsbeirats, eines Integrationslotsen-Netzwerks und der Förderung vieler Einzelprojekte eine Reihe von Instrumenten zur Eingliederung von Migranten geschaffen“, sagte Ministerpräsident Roland Koch.

„Das mit Abstand wichtigste Projekt ist jedoch die Einrichtung der schulischen und vorschulischen Kurse zur gezielten Förderung von Kindern mit sprachlichen Defiziten. Denn nur ein Kind, das die deutsche Sprache beherrscht, hat die Chance dem Unterricht zu folgen. Und das ist die Grundlage für eine gute schulische und betriebliche Ausbildung und damit auch für ein Gelingen von Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt.“ So sei schon viel getan worden. „Zugleich wissen wir aber, dass von allen Seiten noch viel zu tun ist.“ Die heutige Veranstaltung diene in erster Linie dem Dialog: „Mit dieser Konferenz wollen wir einen kontinuierlichen Gesprächsfaden aufnehmen und dabei Themen und Probleme ansprechen, um ein friedliches Zusammenleben von Einheimischen und Migranten zu befördern“, betonte der Ministerpräsident abschließend .

Unterstützung der SPD
Als „Startschuss für einen Prozess mit offenem Ausgang, für dessen Gelingen die Landesregierung die Verantwortung trägt“, hat der integrationspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Gerhard Merz, die hessische Integrationskonferenz bezeichnet.

„Die Landesregierung ist in einer Bringschuld gegenüber den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Konferenz, aber natürlich noch vielmehr gegenüber den Hunderttausenden von Menschen mit Migrationshintergrund in Hessen. Ein überfälliger Diskussionsprozess ist begonnen worden, die Bereitschaft der vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem gesamten Spektrum des gesellschaftlichen Lebens, sich gemeinsam auf den Weg zu machen, war beeindruckend und ermutigend.

Die aufgeworfenen Fragen müssen jetzt systematisiert und in Folgekonferenzen vertieft und lösungsorientiert weiter behandelt werden. Gerade dabei kann die demnächst einzusetzende Enquête-Kommission des Landtags sicher ebenfalls einen großen Beitrag leisten, der die gesellschaftliche Diskussion flankieren, aber nicht ersetzen soll. Die SPD-Landtagsfraktion ist zur konstruktiven Mitarbeit auf beiden Ebenen bereit.“

Grüne: Konkret handeln, Symbolpolitik reicht nicht aus
Die integrationspolitische Sprecherin der Grünen, Mürvet Öztürk, kommentierte die Konferenz hingegen skeptisch: „Es ist gut, wenn die Integration von allen Seiten beleuchtet wird, und deshalb ist diese Konferenz ein guter Anfang. Allerdings hat sich auch während dieser Tagung wieder gezeigt, dass es bei der Integration kein Erkenntnis-, sondern ein Handlungsproblem gibt. Viele vorgetragene Analysen sind altbekannt und überraschen die Praktiker nicht. Wir werden alles unterstützen, was die Integration tatsächlich verbessert. Die Landesregierung muss aber konkret handeln, Symbolpolitik allein reicht nicht aus.“

Man müsse die Chancen, die sich durch Menschen mit Migrationshintergrund ergeben, besser nutzen. Dies müsse sowohl im wirtschaftlichen Bereich, aber auch etwa im öffentlichen Dienst geschehen. Öztürk weiter: „Wichtig ist immer noch, Vorurteile abzubauen, denn heute wurde deutlich, dass weiterhin viele Menschen mit Migrationshintergrund damit konfrontiert werden. Eine bessere Integration bedeutet eine bessere Zukunft für Hessen. Wir brauchen eine Teilhabechance für alle, unabhängig von ihrer ethnischen oder sozialen Herkunft.“