Deutsches Handwerk

Gezielt Jugendliche mit Migrationshintergrund ansprechen

Der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Otto Kentzler, möchte im Kampf gegen einen drohenden Fachkräftemangel gezielt Schulabgänger mit Migrationshintergrund ansprechen. Während die SPD den Vorstoß begrüßt, möchte die Linkspartei, dass den schönen Worten endlich Taten folgen.

Dienstag, 18.08.2009, 6:53 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.09.2010, 3:08 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Im Kampf gegen einen drohenden Fachkräftemangel und auf der Suche nach Lehrlingen will das deutsche Handwerk gezielt Schulabgänger mit Migrationshintergrund ansprechen. Diese Schüler müssten allerdings in der Schule besser gefördert und an die Berufswelt herangeführt werden, so Kentzler. Dann werden sie ihre Ausbildungschancen auch besser nutzen können.

Obwohl das Handwerk 2009 etwa so viele Lehrlinge ausbilden werde wie 2008, würde man in manchen Berufen nicht genug junge Leute finden. Viele wüssten nicht, dass es im Handwerk rund 100 verschiedene Berufe gibt. „Da müssen Schule und Handwerk noch viel mehr Aufklärung bieten“, sagte der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Otto Kentzler, in der Bild-Zeitung.

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Am 7. Juli hatte Otto Kentzler den „Geburtenknick“ für die Misere verantwortlich gemacht. In den kommenden Jahren werde die Zahl der Schulabgänger drastisch zurückgehen. „Und hinzu kommt: Zu viele Jugendliche schaffen die Schule nicht. Deshalb müssen einige Branchen wahrscheinlich bald wieder – wie in den 80er-Jahren – Prämien für gute Azubis ausloben. Und wir kommen auch nicht umhin, junge Osteuropäer – Polen, Tschechen, Ungarn – zur Ausbildung ins Land zu holen. Unsere Betriebe brauchen Nachwuchs. Und wir brauchen Facharbeiter!“, so Kentzler.

Die Bildungspolitik der vergangenen zehn Jahre sei gescheitert, auch weil die Integrationspolitik gescheitert sei. Die Leistungen der Hauptschul- und Realschulabgänger würden immer schlechter werden. Kentzler weiter: „Vielfach sind Sprachprobleme der Grund. Noch immer kommen Kinder in die Schule, die nicht richtig Deutsch können. Deshalb fordern wir ein verpflichtendes Vorschuljahr für alle Migrantenkinder, in dem diese Deutsch lernen können. Denn: Ohne Sprachkenntnisse keine Berufschancen. Und ohne Berufschancen keine Integration.“

Große Worte, kleine Taten
Der migrationspolitische Sprecher der Linkspartei Ali Al Dailami spielte den Ball indessen zurück. Seit Jahren würden Vertreter der Wirtschaft ankündigen, jungen Menschen mit Migrationshintergrund bessere Chancen im Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ermöglichen zu wollen. Die Realität sehe allerdings anders aus. Nur 25 Prozent der Jugendlichen mit Migrationshintergrund würden überhaupt einen Ausbildungsplatz bekommen.

„Es machen doppelt so viele von ihnen keinen Schulabschluss, und es gehen doppelt so viele von ihnen auf die Hauptschule. Das hat auch Auswirkungen darauf, wie viele von ihnen die Fachhochschul- oder Hochschulreife erlangen, ob sie eine Berufsausbildung machen und wie das spätere Erwerbsleben verläuft.“, so Al Dailami.

Übereinstimmend mit Kentzler führt Al Dailami weiter aus, dass diese Zahlen Resultate einer seit Jahrzehnten verfehlten Schul- und Ausbildungspolitik und einer verfehlten Integrationspolitik an sich sind.

Al Dailami weiter: „Eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit, die 13.500 Betriebe einbezogen hat, hat ergeben, dass es keinen flächendeckenden Fachkräftemangel gibt. Gäbe es diesen, so hätte man schon längst den unhaltbaren Zustand aufgehoben, dass sich 500.000 Akademikerinnen und Akademiker mit einfachsten Tätigkeiten abfinden müssen, weil ihre im Ausland erworbenen Abschlüsse nicht anerkannt werden.“

Daher fordern Die Linke die Verankerung des Rechts auf Ausbildung im Grundgesetz. Betriebe, die nicht ausbilden und somit ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung nicht nachkommen, sollen eine Ausbildungsplatzabgabe zahlen. Den schönen Worten müssten endlich Taten folgen. Wirtschaft

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