Türkische Presse Europa

12.08.2009 – Islamlehrer, Terrorpanik, Einbürgerung, DBA

Die heutigen Europaausgaben türkischer Tageszeitungen berichten unter anderem über den Islamunterricht in Bayern, die Doppelbesteuerung und über die Einbürgerungskampagne des Landes NRW. Weitere Themen sind ein Gespräch mit dem Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) und ein Aufruf gegen die rechtsextreme pro Köln sowie die Kritik des FDP-Politikers Max Stadler an den Unionsparteien.

Islamlehrer müssen sich islamgerecht verhalten
Der Vorsitzende der Islamischen Religionsgemeinschaft Erlangen e.V. Remzi Güneysu, mit der das Land Bayern für die Einführung des Islamunterrichts an den Schulen kooperiert, habe bei einer Veranstaltung bekannt gegeben, dass Lehrer, die in ihrem privaten Leben die Religion nicht achten und praktizieren, keinesfalls Islamunterricht erteilen dürfen, berichtet die ZAMAN. Er habe auf einem Nürnberger Vorbereitungsseminar erklärt, dass Personen, „die den Islam nicht ausleben, Alkohol konsumieren und Bordelle besuchen, von seiner Gemeinschaft nicht genehmigt werden.“

Weiter habe er gesagt, dass die aus der Türkei kommenden Lehrer alle nicht als Religionslehrer ausgebildet seien. Der Islamunterricht in Deutschland sei allerdings bekenntnisorientiert. Deshalb werde man auch ihr öffentliches Verhalten außerhalb der Schule in Anbetracht ziehen. Wenn sie nicht islamgerecht leben, könne ihre Einstellung als Islamlehrer keinesfalls in Frage kommen. Dabei stützt sich Güneysu auf Art. 7 GG, die den Religionsunterricht in Deutschland als „bekenntnistorientiert“ definiere.

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Erboste Lehrer hätten nun einen Beschwerdebrief an das Bildungsministerium verschickt, in der sie Güneysu kritisieren und erklären, dass sie nicht mit einer solchen Kommission arbeiten könnten. Dies gehe sogar so weit, dass sie Güneysu vorwerfen, während des Seminars die Lehrer beleidigt zu haben. Man gehe allerdings davon aus, dass diese Beschwerde keine weiteren Folgen haben werde, da der Kooperationspartner des Landes die Verantwortung und Kontrolle über die Bestimmungen bzgl. des Islamunterrichts erhalten habe. So sei es ihre Aufgabe zu bestimmen, wer unterrichten darf und wer nicht. Am 8. August hatte die HÜRRIYET darüber berichtet.

FDP: Die Unionsparteien versetzen das Volk mit zu häufigen Terrorwarnungen in Panik
Die ZAMAN zitiert den FDP-Politiker Max Stadler, dem die Terrorwarnungen der Unionsparteien CDU/CSU zu häufig geschehen. Er kritisiere seine möglichen Koalitionspartner nach den Bundestagswahlen daher mit der Versetzung des Volkes in Panik. Darüber hinaus relativiere eine unbegründete und zu häufige Terrorismuswarnung die eigentliche Gefahr des Themas und mache dies zu einer Art Alltag, wodurch das Problem bei wirklich ernsten Fällen möglicherweise unbeachtet sein werde. Ziel der CDU/CSU sei es dabei, Gesetzesgebungen für härtere Strafmaßnahmen einzuleiten. Stattdessen solle man aber seines Erachtens lieber auf die Verstärkung des Sicherheitspersonals und der Sicherheitstechnik setzen, so Stadler. Er könne nicht verstehen, dass man erst eine Terrorwarnung bekannt gibt und anschließend erklärt, dass man keine Beweise dafür habe.

Hingegen habe der Innenminister Bayerns Joachim Hermann (CSU) gesagt, dass die Eingeständnisse der Sauerland-Terroristen ein deutliches Zeichen für Terrorgefahr in Deutschland seien. Warnungen relativierten auch keinesfalls die bestehende Gefahr. Das Hauptsicherheitsproblem Bayerns sei laut dem CSU-Politiker der Islamismus. Die Gefahr durch den Rechtsextremismus gehe zunehmend zurück. Darüber hinaus habe Hermann erklärt, dass die Terrororganisation PKK im Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) eindeutig als verfassungsfeindlich eingestuft sei.

ABI-Köln ruft Türken auf, Wahlbeauftragte zu werden
Der Vorsitzende der Alternativen Bürgerinitiative (ABI) Köln Kamuran Kayhan habe junge Migranten dazu aufgerufen, bei den kommenden Kommunal- und Bundestagswahlen als Wahlbeauftragte an den Urnen in ihren Bezirken tätig zu sein, berichten die TÜRKIYE und ZAMAN. Er bedaure es allerdings, dass lediglich Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit diese Tätigkeit ausüben dürften. Ein Land wie dieses, das Vorreiter in punkto Menschenrechte sei, solle die Gesetzeslage in diesem Falle abändern.

Doppelbesteuerung ab 2011
Die TÜRKIYE berichtet über die einseitige Auflösung des Vertrags zur Regelegung der Doppelbesteuerung (DBA) von Seiten Deutschlands, wodurch ab 2011 Investitionen, Gewinne sowie Bankzinsen ebenfalls sowohl in Deutschland als auch in der Türkei versteuert werden sollen. So müssten die Betroffenen doppelt so viele Abgaben abführen und würden somit großen Schaden davontragen.

Diese Regelung habe nun bei den Betroffenen für Verwirrung gesorgt. Die herrschende Meinung unter türkischen Migranten sei es, dass ihr Unterhalt dadurch völlig ruiniert sein werde, da man ohnehin schon finanzielle Schwierigkeiten habe. Der Vorsitzende der Türkisch-Deutschen Unternehmervereinigung Berlin-Brandenburg e.V. Hüsnü Özkanli habe zudem erklärt, dass die Wirtschaftsbeziehungen der Länder ohne eine moderne Regelung negative Folgen davontragen werden. Gestern hatten die HÜRRIYET und SABAH über die Doppelbesteuerung berichtet.

Die HÜRRIYET berichtet heute zudem über einige Kontroversen zwischen Steuerexperten, die einerseits der Meinung seien, dass die Bürger nun sowohl in der Türkei als auch in Deutschland Steuern zahlen müssten und somit doppelt belastet werden. Andere Experten wiederum sähen keinen Grund zur Panik, da die deutschen Gesetze eine doppelte Besteuerung ohnehin verhinderten.

NRW wirbt für Einbürgerung
Aufgrund der sinkenden Einbürgerungszahlen und dem Scheitern der letzten Einbürgerungskampagnen habe sich das Land Nordrhein-Westfalen dazu entschlossen, nun eine neue Kampagne zu starten. Integrationbeauftragter des Landes Thomas Kufen habe dabei erklärt, dass die Türken das primäre Ziel der Kampagne darstellten. Momentan erfüllten rund eine Million Menschen die Kriterien zur Einbürgerung, nur die wenigsten machten allerdings davon Gebrauch. Deshalb wolle man nun in zehn verschiedenen Städten NRWs 500 Werbeplakate aufhängen und für den beginn 50 Seminare und Versammlungen veranstalten, um die Menschen vor Ort gezielt anzusprechen. Laut Kufen sei der deutsche Pass „ein erheblicher Teil der Integration“. Man wolle den Menschen die Vorteile der Einbürgerung nahe bringen. Dazu zählten beispielsweise auch die freie Berufsauswahl, Visafreiheit, Teilnahme an den Wahlen sowie die Möglichkeit, verbeamtet zu werden.

Die Statistik besage, dass die Einbürgerungen in einem Jahr um 6 000 Personen auf 26 000 in Nordrhein-Westfalen zurückgegangen seien. Dieser Trend sei auch bundesweit zu beobachten. Man führe den Rückgang der Einbürgerungen auf die Gesetzesänderungen im Jahre 2000 zurück. Gestern hatten die SABAH und ZAMAN über die Kampagnen berichtet. (HÜRRIYET)

Duisburger OB-Kandidat Sauerland (CDU) wünscht sich mehr Wahlbeteiligung

In einem Gespräch mit der ZAMAN habe der Duisburger Oberbürgemeisterkandidat Adolf Sauerland (CDU) gesagt, dass die erwartete Wahlbeteiligung der Duisburger an den kommenden Kommunalwahlen bei ca. 50-60 Prozent liege, er sich aber gerne mehr Wahlbeteiligung wünsche. Er habe erklärt, dass man in Duisburg in den letzten fünf Jahren bezüglich der Integration viel geschafft habe. Mittlerweile kämen sogar Politiker aus aderen Städten und sogar aus dem Ausland nach Duisburg, um sie nach Rat und Hilfe zu fragen. Als Beispiel für ein gelungenes Projekt habe der derzeitige OB die Marxloher Großmoschee aufgeführt, die gleichzeitig eine Begegnungsstätte in sich birgt. Zudem habe er bekanntgegeben, dass man in Marxloh auf der Fläche der Rhein-Ruhr-Halle ein Einkaufszentrum errichten möchte.

Sauerland habe erklärt, dass man von der türkischen Community profitieren wolle, da diese äußerst jung sei. Er habe erklärt, dass in Zukunft jedes zweite Kind in Duisburg einen Migrationshintergrund haben werde. Deshalb werde man auch im Bereich der Bildung etwas bewegen.

Türke aufgrund von fehlendes Visum in Deutschland festgenommen und wieder freigelassen
Die HÜRRIYET berichtet über den Türkischstämmigen Ulas Koc, der von Tschechien nach Deutschland eingereist sei, um ein Kraftfahrzeug zu erwerben. Christian Ehrl, Richter am Bezirksgericht in Cham, habe ihn allerdings mit Verweis auf den Soysal-Entscheid freigesprochen. Personen, die aufgrund von „passiven Dienstes“ nach Deutschland eingereist sind, seien von der Visapflicht freigesprochen, so der Richter. Man könne nicht beweisen, dass Koc bei seiner Einreise andere Zwecke als den Erwerb eines Autos verfolgt hätte.

„Kölner stellen sich quer“ gegen rechtsextreme Partei pro Köln

Köln-Sprecherin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Andreas Kossiski habe die Kölner dazu aufgerufen, am 30. August den Rechtsextremisten „die rote Karte zu zeigen“.