Migrantinnen kinderreich

Deutschland zunehmend kinderlos

In Deutschland bleiben immer mehr Frauen ohne Kinder. 2008 hatten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 21% der 40- bis 44-jährigen Frauen keine Kinder zur Welt gebracht. Dagegen waren unter den zehn Jahre älteren Frauen 16% und unter den zwanzig Jahre älteren nur 12% kinderlos. Frauen mit eigener Migrationserfahrung hingegen sind seltener kinderlos und türkische Frauen seltener als der Durchschnitt der Migrantinnen. Außerdem ist jede vierte Mutter mit vier oder mehr Kindern eine Zuwanderin. Allerdings nimmt der Kinderreichtum auch bei Migrantinnen ab.

15% der in Deutschland lebenden Frauen zwischen 16 und 75 Jahren sind im Ausland geboren und nach Deutschland zugewandert, verfügen also über eigene Migrationserfahrung. Diese Frauen haben einen Teil ihres Lebens nicht in Deutschland verbracht und sind somit zumindest teilweise durch andere Verhältnisse und Erfahrungen als die in Deutschland geborenen Frauen geprägt. Ihr Geburtenverhalten hebt sich von dem der Frauen ohne Migrationserfahrung ab.

Von Frauen mit Migrationserfahrung sind 53% Ausländerinnen und 47% Deutsche (29% Aus- beziehungsweise Spätaussiedlerinnen und 18% eingebürgerte Frauen).

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Frauen mit Migrationserfahrung stellen die größte Gruppe der Frauen mit sogenanntem Migrationshintergrund dar. Im Jahr 2008 betrug die Zahl der in Deutschland lebenden Frauen mit Migrationserfahrung der Kohorten 1933 bis 1992 4,6 Millionen. Dies waren 85% der insgesamt 5,5 Millionen Frauen mit Migrationshintergrund. Im Folgenden wird auf die Unterschiede im generativen Verhalten der Frauen mit und ohne Migrationserfahrung eingegangen.

Frauen mit eigener Migrationserfahrung sind seltener kinderlos
Frauen mit Migrationserfahrung, die in der Altersgruppe der in Deutschland lebenden 16- bis 75- jährigen Frauen einen Anteil von 15% ausmachen, sind häufi ger Mutter als die in Deutschland geborenen Frauen. Von allen 1933 bis 1992 geborenen Müttern haben 17% Migrationserfahrung. In den Jahrgängen 1974 bis 1983 sind es sogar 30%. Die Kinderlosigkeit liegt bei den Zuwanderinnen entsprechend niedriger. Von allen 16- bis 75-jährigen Frauen ohne Kinder haben lediglich 12% Migrationserfahrung.

Die Unterschiede im Niveau der Kinderlosigkeit zwischen den Frauen mit und ohne Migrationserfahrung haben mit der Zeit zugenommen. Während der Anteil der Frauen ohne Kinder bei den Zuwanderinnen zwischen den Jahrgängen 1933 und 1963 stabil bei ca. 10% blieb, nahm die Kinderlosigkeit bei den in Deutschland geborenen Frauen von 11% auf 18% zu. Von den Frauen der Jahrgänge 1964 bis 1973 war bereits jede vierte Frau ohne Migrationserfahrung kinderlos, bei den Frauen mit Migrationserfahrung waren es 13%. Unter den zehn Jahre jüngeren Frauen (Kohorten 1974 bis 1983), die bei der Befragung zwischen 25 und 34 Jahre alt waren, haben 61% Frauen ohne Migrationserfahrung (noch) keine Kinder, bei den Zuwanderinnen sind es mit 39% erheblich weniger. Ob sich diese Differenz noch verringert, weil die in Deutschland geborenen Frauen später als die aus dem Ausland stammenden erstmals Mutter werden, bleibt abzuwarten. Unter den jüngsten hier betrachteten Frauen sind die Unterschiede nicht so stark ausgeprägt. Von den zwischen 1984 und 1992 hier geborenen Frauen haben 95% noch keine Kinder, von den Frauen mit Migrationserfahrung dagegen 86%.

Innerhalb der Zuwanderinnen zeigen sich keine großen Unterschiede zwischen Zuwanderinnen mit deutscher und mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Lediglich bei der jüngsten Altersgruppe sind Ausländerinnen, die nach Deutschland zuzogen, mit 84% etwas seltener kinderlos als Zuwanderinnen mit deutscher Staatsangehörigkeit (89%).

Türkische Frauen seltener kinderlos als Durchschnitt der Migrantinnen
Unter den Zuwanderinnen weisen vor allem Frauen türkischer Herkunft Besonderheiten im generativen Verhalten auf. Sie sind deutlich seltener kinderlos als der Durchschnitt der zugewanderten Frauen. Bei den zwischen 1933 und 1983 geborenen Frauen mit Migrationserfahrung liegt der Anteil der Kinderlosen unter den Frauen türkischer Herkunft mit 8% nur etwa halb so hoch wie bei den Zugewanderten insgesamt (18%).

Bei den jüngsten Frauenkohorten (1984-1992) fällt der Unterschied dagegen geringer aus: 76% gegenüber 86%. Der Anteil der Frauen türkischer Herkunft unter den zugewanderten Frauen ist je nach Kohortengruppe unterschiedlich hoch. Ihren höchsten Anteil erreichen sie bei den 35- bis 44-Jährigen mit 21%, unter den jüngsten hier dargestellten Jahrgängen machen sie etwa 9% aus.

Jede vierte Mutter mit vier oder mehr Kindern ist eine Zuwanderin
Unterschiede im Geburtenverhalten zwischen den zugewanderten Frauen und den in Deutschland geborenen Frauen zeigen sich auch in der Zahl der Kinder je Mutter. Die Mütter, die im Ausland geboren wurden, haben seltener nur ein Kind, aber häufiger drei Kinder und erheblich öfter vier oder mehr Kinder.

Bei den Frauen der Jahrgänge 1933 bis 1943 waren die Unterschiede noch nicht so gravierend. In den jüngeren Kohorten nehmen sie zu: Unter den in Deutschland geborenen Müttern der Jahrgänge 1964 bis 1973 haben 34% ein Kind, unter den gleichaltrigen Müttern mit Migrationserfahrung sind es nur 23%. Dagegen hat fast jede fünfte Zuwanderin dieser Jahrgänge drei Kinder (19%) und jede zehnte vier oder mehr Kinder (10%). Von den gleichaltrigen in Deutschland geborenen Frauen haben lediglich 12% drei Kinder und 3% vier oder mehr Kinder.

Damit ist der Anteil der Frauen mit Migrationserfahrung an allen Müttern mit vier oder mehr Kindern überdurchschnittlich hoch und hat sich von 14% bei den älteren Frauenkohorten (1933 bis 1943) auf 42% bei den 1964 bis 1973 geborenen Müttern erhöht.

INFOBOX: Zu den Frauen mit Migrationserfahrung oder Zugewanderten gehören sowohl Deutsche als auch Ausländerinnen. Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit können als Aussiedlerinnen beziehungsweise Spätaussiedlerinnen nach Deutschland zugewandert sein. Sie konnten aber auch als Ausländerinnen gekommen sein, die dann später in Deutschland eingebürgert wurden.

Zu den Frauen mit Migrationshintergrund gehören neben Frauen mit eigener Migrationserfahrung auch diejenigen, die in Deutschland als Nachkommen von Personen mit Migrationserfahrung geboren wurden. Da die Gruppe dieser Frauen relativ klein ist und sie zu über 80% jünger als 35 Jahre sind, wird hier auf ihre explizite Darstellung verzichtet.

Auch bei Migrantinnen nimmt Kinderreichtum ab
Wie bei den in Deutschland geborenen Müttern haben auch bei den Müttern mit Migrationserfahrung die jüngeren Jahrgänge immer seltener vier oder mehr Kinder. Von den 1933 bis 1943 geborenen Müttern mit Migrationserfahrung haben 21% mindestens vier Kinder zur Welt gebracht. Von den zehn Jahre jüngeren (Kohorten 1944 bis 1953) haben 15% mindestens vier Kinder und von den zwischen 1954 und 1963 geborenen Frauen mit Migrationserfahrung, bei denen es aufgrund ihres Alters nicht mehr zu großen Veränderungen der Kinderzahl kommen wird, haben nur noch 11% vier oder mehr Kinder.

Zugewanderte Frauen türkischer Herkunft haben häufiger vier oder mehr Kinder als die Frauen mit Migrationserfahrung insgesamt, aber auch unter ihnen sinkt der Anteil der Mütter mit mindestens vier Kindern. Er beträgt bei den 1933 bis 1943 geborenen Zuwanderinnen türkischer Herkunft 54%, bei den 1944 bis 1953 geborenen noch 39% und bei den von 1954 bis 1963 geborenen (die bei der Erhebung 45 bis 54 Jahre alt waren) nur noch 26%.