Türkische Presse Europa

03.07.2009 – Optionszwang, Islamunterricht, DFB-Junioren, Lale Akgün

Die Europaausgaben der türkischen Zeitungen berichten heute u.a. über die Abstimmung des Gesetzesentwurfs der Grünen zur Streichung der sog. Optionsregelung. Weitere Themen sind der islamische Religionsunterricht in NRW, die Deutschlandreise des UN-Sonderberichterstatters, der Sexualkundeunterricht, u.v.m. Die ZAMAN fragt ferner, ob die Bundestagsabgeordnete Lale Akgün ihrer Partei schadet und die HÜRRIYET geht der Frage nach, warum die Unionsparteien in Integrationsfragen nicht dem Vorbild der deutschen U-21 folgen.

Türkische Zeitungen fordern die Abschaffung der Optionsregelung
Die SABAH berichtet heute über die Abstimmung des Gesetzesentwurfs der Grünen zur Streichung der sogenannten Optionsregelung im Staatsangehörigkeitsrecht. Sollte die SPD den Gesetzesvorhaben unterstützen, könne der Optionszwang endgültig abgeschafft werden, meint der Redaktionsleiter Mikdat Karaalioglu in seiner Kolumne.

Karaalioglu warnt die politischen Parteien davor, die Migranten im Wahlkampf zu instrumentalisieren. Auch werde die türkischstämmige Wählerschaft keine Partei wählen, die ihre Wahlversprechen nicht einhält. Er fordert die SPD auf, die populistische Propaganda der Union nicht zu achten und für die Aufhebung der Optionsregelung zu stimmen.

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Islamischer Religionsunterricht in NRW
Die HÜRRIYET und ZAMAN berichten, dass Nordrhein-Westfalen im nächsten Schuljahr den islamischen Religionsunterricht einführen werde. Nach wie vor bestehe das Problem, dass dem Staat ein Ansprechpartner fehle. Die bestehenden islamischen Religionsgemeinschaften erfüllten nicht die Voraussetzungen. Die Landesregierung folge daher einer Empfehlung der Islamkonferenz, nach der auch solche Organisationen Kooperationspartner des Staates bei der Einführung von Religionsunterricht sein können, auch wenn diese keine Religionsgemeinschaften sind, aber für die religiöse Identität ihrer Mitglieder wesentliche Funktionen wahrnehmen. Die islamischen Religionsgemeinschaften hätten diese Empfehlung nicht mitgetragen.

UN-Sonderberichterstatter fordert kommunales Wahlrecht für Drittstaatler
Die HÜRRIYET und ZAMAN berichten über die Deutschlandreise des vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen beauftragten Sonderberichterstatters über Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und verwandte Formen von Intoleranz, Githu Muigai, vom 21. Juni bis 1. Juli. Der UN-Sonderberichterstatter habe die stärkere Partizipation von Migrantinnen und Migranten in Politik und Gesellschaft gefordert. Drittstaatlern müsse etwa das kommunale Wahlrecht zugesprochen werden, so Muigai.

Anschlag auf Moschee in Veendam
Im holländischen Veendam wurde eine Moschee angegriffen, berichtet die SABAH. In Veendam in der Provinz Groningen wurde schon im Jahre 2004 eine Moschee mit Hakenkreuzen und rechtsradikalen Parolen beschmiert. Der Vereinsvorstand vermute, dass Sympathisanten des Rechtspopulisten Gert Wilders hinter dem Anschlag stecken. „Wir werden uns nicht provozieren lassen“, sagten Vereinsvertreter gegenüber der Zeitung.

Deutsche U-21 ist Vorbild für gelebte Integration – Union erschwert Integration
Im Team der DFB-Junioren haben elf der 23 Akteure ausländische Wurzeln, berichtet die HÜRRIYET. Der Kolumnist Suat Türker bezeichnet das als ein ideales Vorbild für die gelebte Integration. Sogar diejenigen die es Mesut Özil anfangs übel genommen haben, weil er sich für die deutsche Nationalmannschaft entschieden hat, unterstützten ihn nun. Ferner bildeten die deutschen Zuschauer auf der Tribüne und die Spieler mit Migrationshintergrund auf dem Feld eine Einigkeit ab. Niemand habe während und nach dem Spiel die Nationalität, den ethnischen Hintergrund des Anderen problematisiert.

Türker reflektiert dieses Beispiel in den deutschen Bundestag und meint, dass insbesondere die Unionsparteien von diesem Beispiel der gelungenen Integration weit entfernt seien. Denn im Wahlprogramm der Unionsparteien sei der Leitkulturgedanke weiterhin fest verankert. Türker fragt in seiner Kolumne überdies was Integration bedeutet. Als Beispiel was Integration nicht sein könne führt er etwa auf, dass ein türkischer Arbeitnehmer von seinen Arbeitskollegen als integrationsfeind bezeichnet wurde, weil er während der Weihnachtsfeier im Betrieb keinen Alkohol zu sich genommen habe.

Schadet Lale Akgün der SPD?
Der ZAMAN-Kolumnist Ziver Ermis fragt, ob die Bundestagsabgeordnete Lale Akgün (SPD) ihrer Partei schadet. Ermis stellt fest, dass sich Akgün mit fast keiner türkischen Organisation versteht. Sie sei allen voran mit allen islamischen Religionsgemeinschaften zerstritten. Auch habe sie sich gegen das kommunale Wahlrecht von Drittstaatlern ausgesprochen, obwohl sie gerade diese Personengruppe vertrete. Akgün habe sich dafür verschrieben, so Ermis, alle konstruktiven Projekte von Migrantenorganisationen zu torpedieren, so auch das Dialog-Gymnasium in Köln. Während die Kölner CDU das Projekt unterstütze, habe die SPD versucht, den Ausbau des Projekts zu verhindern. Dabei habe man sich der Rhetorik der Rechtspopulisten „Pro Köln“ bedient. Es habe sich dann später herausgestellt, dass hinter alledem die Bundestagsabgeordnete Lale Akgün steht. Akgün schade dadurch seiner eigenen Partei, meint Ermis. Das habe mitunter dazu geführt, dass sich die türkischstämmige Wählerschaft von der SPD abwendet. So sei die SPD nicht einmal zweitstärkste Kraft in Köln, dem Wahlbezirk von Lale Akgün.

Sinn und Zweck des Sexualkundeunterrichts
Der ZAMAN-Kolumnist Ismail Kul thematisiert in seinem heutigen Kommentar den Sexualkundeunterricht und zeichnet die Historie des Unterrichts nach. Er stellt zunächst fest, dass die Teilnahme am Unterricht Pflicht sei. Er beruft sich dabei u.a. auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1977. Die Eltern hätten jedoch das Recht ihre Vorstellungen und Befürchtungen mit der Lehrperson zu besprechen. Diese habe ggf. diese zu beachten. Das gehe aus der Handreichung der Islamkonferenz hervor. Kul fragt auch nach dem Sinn und Zweck des Lehrfachs. Habe der Unterricht ggf. schlechte Auswirkungen auf die Sexualmoral der Kinder und Jugendlichen? Der Sexualkundeunterricht habe die Schwangerschaft in Kindesjahren nicht verhindern können, konstatiert Kul. Auch habe die Zahl der Kindestötungen nach der Geburt in Deutschland zugenommen. Das gelte insbesondere für die nördlichen und östlichen Länder zu, die mit der Sexualität freier umgingen. Kul fordert deshalb, dass man im Sexualkundeunterricht auch moralische Werte vermittelt. Auch dürfe keine bestimme Ansicht den Kindern aufgezwungen werden.

Erhöhte Terrorgefahr vor den Bundestagswahlen
HÜRRIYET und SABAH berichten jeweils in kurzen Meldungen über die erhöhte Terrorgefahr vor der Bundestagswahl in Deutschland. Staatssekretär August Hanning habe erklärt, dass man sich konkret auf einen möglichen islamistischen Anschlag vorbereite. Man tue alles, um einen Anschlag zu verhindern und nehme die Drohungen durchaus ernst, so Hanning. Grund für die Annahmen seien der zunehmende Terror in Afghanistan und eine verstärkte Reisetätigkeit nach Pakistan.

Oberbürgermeisterkandidaten der SPD in Duisburg besucht türkische Familie
Die HÜRRIYET und ZAMAN berichten über den Besuch des Oberbürgermeisterkandidaten der SPD in Duisburg, Jürgen Brandt, bei der Familie Yadigaroglu in Duisburg-Meiderich. Brandt habe zusammen mit Frau Yadigaroglu das Abendessen vorbereitet. Die Familie sei ein Beispiel für die gelungene Integration, so Brandt. Auf einem der veröffentlichten Bilder ist Brandt beim Zubereiten von türkischen Speisen zu sehen.

Agentur für Arbeit Hamburg: „Erfolg braucht Vielfalt“
Die Arbeitsagentur für Arbeit in Hamburg hat die „Charta der Vielfalt“ vorgestellt, ist in der SABAH zu lesen. Beabsichtigt sei den jungen Akademikern mit Migrationshintergrund sowie denjenigen die eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, neue Wege in und außerhalb der Institution zu eröffnen und ihnen eine Chance zu geben. Projektleiter Dr. Alexandros Tassinopoulos sagte, dass interkulturelle Kompetenz und Mehrsprachigkeit dazu bei tragen, „unsere Aufgaben besser zu erfüllen“. Die Agentur biete nicht nur interessante Aufgaben, vielfältige Karrierechancen und Arbeitsbedingungen, sondern auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. „Wir legen Wert auf einen respektvollen Umgang mit den Besonderheiten der einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, seien es Alter, Geschlecht, Nationalität und ethnische Herkunft sowie Religion und Weltanschauung. Da wir als Unterzeichner der „Charta der Vielfalt“ großen Wert auf Chancengleichheit und Vielfalt legen, beschäftigen wir gerne Menschen mit Migrationshintergrund.“

Neuer deutsch-türkischer Verein in Berlin gegründet

Die MILLIYET berichtet über eine neue Vereinsgründung in Berlin. Der Bundestagsabgeordnete Gerd Andres (SPD) habe den Vorsitzt des neuen deutsch-türkischen Vereins inne. Der Vorsitzende der Türkisch-Deutschen Gesundheitsstiftung e.V., Yasar Bilgin sowie der Generalkonsul a.D. Reiner Möckelmann seien die weiteren Mitglieder des Vorstandes. Ziel und Zweck des Vereins sei die bessere Vorstellung der Türkei in Deutschland. Andres sagte, dass die Vorurteile in der deutschen Gesellschaft gegenüber der Türkei abgebaut werden müssten. Der Verein werde in diesem Sinne die Freundschaft und Verständigung zwischen beiden Ländern ausbauen.