Hans Peter Uhl

Wer unsere Anforderungen erfüllt, soll zu uns gehören.

2009 ist für Deutschland ein Superwahljahr. Politische Präferenzen konnten und können zum Ausdruck gebracht werden bei der Bundestagswahl im September, bei 8 Kommunal-, 5 Landtagswahlen und nicht zuletzt bei der Europawahl am 7. Juni. Die Parteien werben vor allem mit ihrer Kompetenz zur Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise. Keine Rettung ist ihnen im Wahljahr zu teuer. Doch wie halten sie es mit gesellschaftspolitischen Themen wie der Inklusion und Integration von MigrantInnen und Minderheiten?

Von Filiz Keküllüoglu Mittwoch, 24.06.2009, 7:43 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 21.08.2010, 1:08 Uhr Lesedauer: 6 Minuten  |  

Filiz Keküllüoglu 1 hat Politiker und Politikerinnen verschiedener Parteien zu ihrer Bewertung der Integrationspolitik der Großen Koalition ihren Prioritäten für die Einwanderungs- und Integrationspolitik befragt.

Interview mit Hans Peter Uhl 2

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Wie bewerten Sie die Integrationspolitik der großen Koalition? Was hat sie besser gemacht als die rot-grüne Regierung?

Die große Koalition hat eine echte Wende in die Integrationspolitik gebracht – vom bloßen Reden und Lamentieren zu einem Aktionsplan mit vielen realitätsbezogenen Reformen: Altfall-Regelung für Geduldete, Neuordnung des Familiennachzugs, Ausbau der Integrationskurse, Deutsche Islam-Konferenz, Einbürgerungstests, um nur einige Stichworte zu nennen. Wir haben erstmals eine ausgewogene Politik des Forderns und Förderns aufs Gleis gesetzt: Wir haben klare und begründete Anforderungen an die Zuwanderer formuliert und wir haben die entsprechenden Hilfestellungen auf breite Beine gestellt. Und wir arbeiten für den gesellschaftlichen Konsens, nach dem, wer die Anforderungen erfüllt hat, ohne wenn und aber zu uns gehört.

Sind Sie der Meinung, dass die Integrationskurse erfolgreich sind?

Natürlich kann man immer mehr fordern. Aber die Integrationskurse sind schon jetzt eine große Erfolgsgeschichte, nicht zuletzt für die nachholende Integration. Dazu haben wir u.a. die Vermittlung von politischen und historischen Grundkenntnissen ausgebaut, Qualifikationsanforderungen für Lehrkräfte im Orientierungskurs und einen bundeseinheitlicher Abschlusstest eingeführt. Für die im Integrationskurs erfolgreichen Ausländerinnen und Ausländer ist das „Zertifikat Integrationskurs“ unmittelbar mit Vorteilen verbunden: Wichtige Voraussetzungen für eine Niederlassungserlaubnis oder eine Einbürgerung sind damit bereits erfüllt. Außerdem haben wir spezielle Eltern- und Frauenkurse eingeführt, die mit einer eigenen Kinderbetreuung durchgeführt werden. Praktische Integrationsarbeit für Frauen und ihre Kinder hat es von staatlicher Seite nie zuvor in dieser Intensität gegeben.

In den letzten Jahren sind immer weniger Menschen nach Deutschland immigriert. MigrantInnenverbände beklagen, dass die Hürden für die Familienzusammenführung im Zuwanderungsgesetz unerträglich hoch sind. Sind diese Hürden berechtigt?

Diverse Vorwürfe sind unberechtigt. Es geht nicht um Hürden, sondern es geht darum, dass die Politik deutlich machen musste, dass Zuwanderer eine eigene Verantwortung für ihren Integrationserfolg haben. In den letzten Jahrzehnten haben zu viele Zuwanderer ihre Freiheit, hier in Deutschland Deutsch zu lernen, nicht genutzt. Stattdessen haben sich leider sehr viele Zuwandererfamilien auf höchst unverantwortliche Weise abgekapselt, mit der Folge, dass auch ihre Kinder nicht richtig deutsch lernten und deshalb ein Leben lang schlechtere Chancen bei der Bildung und im Beruf bekamen. Deshalb haben wir ein neues Gesetz gemacht: Schon vor der Einreise müssen ausländische Ehegatten jetzt einfache Deutschkenntnisse nachweisen. Dies liegt im allgemeinen Interesse, nicht zuletzt im wohlverstandenen Eigeninteresse der Zuwanderer.

Die Hauptschulen sind voll von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Diese sehen für sich keine Zukunftsperspektive. Wie kann die Politik mit dieser Bildungskatastrophe umgehen?

Für die Schulen sind die Länder verantwortlich. Hier zeigen sich erhebliche Unterschiede: Während in Bayern ein Hauptschulabschluss gute Chancen auf eine interessante Berufsausbildung eröffnet, ist ein Hauptschulabschluss z.B. in Berlin leider weniger wert, weil das Leistungsniveau dort niedriger ist. Grundsätzlich sollten Politik und Medien die Hauptschule nicht schlecht reden, sondern etwas für ihre Stärkung tun. Ein Hauptschüler ist kein schlechterer Mensch als ein Gymnasiast und sollte – bei guten Leistungen – kein schlechteres Ansehen und keine schlechteren Chancen haben. Generell gilt: Die Politik ist für ein ordentliches Schulangebot und für die Förderung von Zuwandern verantwortlich, aber für den individuellen Schulerfolg bleibt jeder einzelne letztlich selbst verantwortlich.

  1. Filiz Keküllüoglu studiert seit September 2006 Politikwissenschaft und öffentliches Recht an der Universität Mannheim. Seit Oktober 2006 ist sie Stipendiatin der Heinrich Böll Stiftung. Im Sommer 2008 wurde sie von den StipendiatInnen des Studienwerkes in die Auswahlkommission gewählt und vertritt die StipendiatInnen im StipendiatInnen-Rat. Im März 2009 wurde sie in das Journalismus-Programm „Medienvielfalt anders“ der Heinrich Böll Stiftung aufgenommen. Sie ist Mitglied der NGO „Junge Europäische Föderalisten“ und engagierte sich bei der Grünen Jugend in Mannheim.
  2. Dr. Hans Peter Uhl, CSU, ist Innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion sowie Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) zur Kontrolle der Geheimdienste.
Interview Politik

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