Ausländische Abschlüsse

Streit um Anerkennung

Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse war vergangene Woche Thema im Schleswig-Holsteinischen Landtag. Die Parteien sind sich einig darüber, dass Handlungsbedarf besteht. Auseinander gehen die Meinungen, wenn es um die konkrete Umsetzung und den Zeitpunkt geht.

2,5 % weniger Erwerbstätige im Jahr 2020; ohne Migration 6%
Ein Grund, warum Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern nicht von der Zuwanderung profitiert, ist die oftmals komplizierte und langwierige Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse. Allein vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung, so die FDP-Fraktion, gebe es in Deutschland einen erheblichen Nachholungsbedarf.

So bemängelte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, Heiner Garg, dass Deutschland unter Einwanderern zunehmend unbeliebt werde. Seit Jahren würden die Zahlen der Zuwanderer abnehmen. So werde sich bis 2020 der Anteil der Erwerbstätigen um 2,5% verringern; ohne Migration sogar um 6%. Und laut CDU-Fraktion gibt es bereits jetzt 50.000 unbesetzte Ingenieurstellen.

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Keine Herabstufung von Qualitätsansprüchen
Allerdings habe Deutschland ein weltweit beachtetes System der Berufsausbildung, das ein hohes Niveau in der Berufsbildung gewährleiste, erklärte Johannes Classen (CDU) und fügte hinzu: „Eine Herabstufung von Qualitätsansprüchen deutscher Ausbildungsgänge darf jedoch nicht hingenommen werden, nur um die Anerkennungsverfahren zu beschleunigen!“ Auch nach dem Willen der FDP müsse sichergestellt sein, dass der Wunsch nach einer Vergleichbarkeit von Abschlüssen nicht indirekt zu einer Herabstufung von deutschen Abschlüssen führe.

Für Anke Spoorendonk, Südschleswigscher Wählerverband (SSW), klinge dies unter nationalen Gesichtspunkten vielleicht verständlich, umschreibe den Sachverhalt aber nicht ganz zutreffend. Weder einem iranischen Ingenieur noch einer indischen Ärztin gehe es um eine Herabsetzung der Standards durch die Hintertür. „Diese Theorie entbehrt jeder Grundlage und war trotzdem bisher eines der Haupthindernisse für die Einführung einfacher Anerkennungsverfahren.“, so Spoorendonk.

Bilaterales Abkommen mit Dänemark
Unabhängig von Qualitätsansprüchen muss Deutschland nach dem Willen der CDU und FDP zumindest für die wichtigsten Länder von Einwanderern Regelungen finden, die zu einheitlichen Standards führen.

Ein Weg dafür seien bilaterale Abkommen. So könne Schleswig-Holstein hier mit gutem Beispiel vorangehen und sich dafür einsetzen, dass schon bald ein bilaterales Abkommen mit Dänemark geschlossen wird für eine automatische gegenseitige Anerkennung von Berufsabschlüssen. Konkrete Gespräche zwischen Berlin und Kopenhagen gebe es bereits.

Abstimmungsverfahren auf EU-Ebene
Derzeit gibt es verbindliche rechtliche Regelungen nur für bestimmte Personengruppen und eine formale Vergleichbarkeit von Berufsausbildungen und Abschlüssen gibt es nur aufgrund bilateraler Abkommen mit einigen wenigen Ländern.

Hinsichtlich einer einheitlichen Anerkennung befinden sich die Bundesländer, der Bund und die EU derzeit in einem Abstimmungsverfahren. Wann diese Verfahren abgeschlossen sein werden und ob es dann ein konkretes einheitliches Vorgehen geben soll, ist noch offen.

Warten ist Zeitverschwendung
Darauf zu warten, so die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Angelika Birk, sei Zeitverschwendung. Die Landesregierung könne in einigen Bereichen auch ohne Rückendeckung aus dem Bund handeln: Zum Beispiel Lehrkräfte und andere pädagogische Fachleute mit Migrationshintergrund aus Russland und der Türkei einstellen.

„Hierzulande verweigert das Bildungsministerium Lehrkräften, die ihre Qualifikation im Ausland erwarben, die Festeinstellung im Schuldienst. Auch dann, wenn sie in ihrem Heimatland jahrelang unterrichtet haben – und zu einem nicht geringen Teil hervorragend deutsch sprechen. Nur weil diese Lehrkräfte neben der Pädagogik nicht zwei, sondern nur ein Unterrichtsfach studiert haben. Als ob es nicht möglich wäre, diesen Interessierten, wie vielen deutschen Lehrkräften auch, durch Berufsbegleitende Lehrerfortbildung die Einarbeitung in ein zweites Fach anzubieten.“, so Birk.

Anerkennung ausländischer Abschlüsse auch bei niedrigerer Qualifikation?
    Nein. (43%)
    Teilanerkennung mit Fortbildungsmöglichkeit. (27%)
    Ja. (22%)
    Kommt auf den Beruf an. (8%)
     
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    Jede Landesbehörde, jede Kommune, jeder Wohlfahrtsverband brauche in pädagogischen und beratenden Berufen Menschen mit Einwanderungserfahrung. Birk weiter: „Würde sie offensiv gesucht und positiv als Qualifikation bewertet, dann würden die Bewerbungen von Fachleuten mit Migrationshintergrund nicht mehr durch das Raster fallen, sondern hätten die Topchance, die sie verdienen.“

    Was aber tue und empfehle die Landesregierung, um, „alles daran zusetzen, vorhandene Potentiale zu nutzen“, wie sie selbst fordere: Sie empfehle abzuwarten, was die anderen Länder und der Bund machen.