Kleine Anfrage

Linke wirft Maria Böhmer vor, Fehlinformationen zu verbreiten

In einer aktuellen parlamentarischen Anfrage an die Bundesregierung geht die Linksfraktion den Ursachen für den massiven Rückgang der Einbürgerungszahlen im Jahr 2008 nach und wirft dem Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Maria Böhmer, vor, Fehlinformationen zu verbreiten.

Für das Jahr 2008 ist mit einem erheblichen Rückgang der Einbürgerungszahlen zu rechnen. Dies ergibt sich aus Anfragen der Linken in mehreren Bundesländern und journalistischen Recherchen (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 29. April 2009). Aufgrund der vorliegenden Angaben aus zehn Bundesländern muss für das Jahr 2008 mit einem Rückgang um 16 Prozent gerechnet werden.

„Diese Entwicklung ist ein Armutszeugnis für die Integrationspolitik der Bundesregierung. Diese gibt vor, dem Thema Integration eine besondere Bedeutung beizumessen, doch real wurden beispielsweise die Bedingungen des Ehegattennachzugs und das Einbürgerungsrecht verschärft, das kommunale Wahlrecht und die generelle doppelte Staatsangehörigkeit wird Drittstaatenangehörigen hartnäckig verweigert.“, so die Linke in einer parlamentarischen Anfrage an die Bundesregierung, die der MiGAZIN-Redaktion vorliegt.

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Das Ergebnis dieser Politik sei nicht Integration, sondern verweigerte Partizipation, Diskriminierung und Entrechtung. Die Bundesregierung leugne, dass die Verschärfung des Staatsangehörigkeitsgesetzes durch das EU-Richtlinienumsetzungsgesetz im August 2007 eine maßgebliche Ursache für den Einbruch der Einbürgerungszahlen im Jahr 2008 sein könnte.

Staatsministerin Dr. Maria Böhmer habe einem Interview im ARD-Morgenmagazin vom 12. Mai 2009 sogar behaupten, die Einbürgerungszahlen seien „in den Jahren zuvor“ „deutlich gestiegen“. Dies sei schlicht die Unwahrheit und stelle die Realität auf den Kopf. Die Linke weiter: „Da nicht unterstellt werden kann, dass die fachlich zuständige Staatsministerin die realen Zahlen nicht kennt, handelt es sich offenkundig um den Versuch einer bewussten Täuschung der Öffentlichkeit. Seit dem Jahr 2000 gehen die Einbürgerungszahlen kontinuierlich zurück, um insgesamt etwa 50 Prozent, und allein in der Regierungszeit der Großen Koalition 2006-2008 betrug der Rückgang ca. 22 Prozent. Nur im Jahr 2006 gab es gegen den Trend einen leichten Anstieg um sechs Prozent.“

Die Frage des Moderators im ARD-Morgenmagazin, ob die Einbürgerungspolitik der Bundesregierung nicht in eine falsche Richtung gehe, habe Staatsministerin Dr. Böhmer nicht beantwortete. „Stattdessen behauptete sie, die Bundesregierung habe ‚eine große Wende vollzogen‘, weil nicht mehr über, sondern mit den Migrantinnen und Migranten geredet würde. Dass die Verschärfung der Sprachanforderungen eine Ursache für den Rückgang sein könne, bestritt Frau Böhmer, denn ’sehr viele Menschen gehen in die Integrationskurse‘. Die Staatsministerin vergaß allerdings zu erwähnen, dass infolge der unzureichenden Ausgestaltung der Integrationskurse im Zeitraum 2005 bis Mitte 2008 nur 46,3% aller Kursabsolventinnen und -absolventen das gesetzlich vorgesehene Ziel des Sprachniveaus B 1, das seit August 2007 auch eine zwingende Voraussetzung für die Einbürgerung ist, erreichten.“ so die Linke.

Als mögliche Ursachen für die Einbürgerungsentwicklung habe die Staatsministerin – zur Ablenkung von der eigenen Verantwortung – Faktoren genannt, die offenkundig untauglich zur Erklärung des Rückgangs sind. „So kann die geringere Einbürgerungsneigung von EU-Bürgerinnen und Bürgern den Rückgang von 2007 auf 2008 nicht erklären, weil sich deren Anteil an allen nichtdeutschen Staatsangehörigen in diesem Zeitraum nicht wesentlich erhöht hat. Auch die Einführung von Elementen des Geburtsrechts im Jahr 2000 ist als Erklärung ungeeignet, weil sich die Zahl der in Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländer dessen ungeachtet nicht verringert hat, insbesondere nicht von 2007 auf 2008. Schließlich liegen auch die rückläufigen Einbürgerungszahlen bei türkischen Staatsangehörigen im allgemeinen Trend und wären ihrerseits erklärungsbedürftig. Ungeachtet des Einbruchs bei den Einbürgerungszahlen wähnt Staatsministerin Böhmer die Bundesregierung ‚auf dem richtigen Weg'“, so die Linksfraktion abschließend.