Gendiagnostikgesetzes

DNA-Test bei Familienzusammenführung beschlossen

Das umstrittene Gendiagnostikgesetzes (GenDG) wurde gestern im Bundestag mit den Stimmen der CDU/CSU und der SPD gegen die Stimmen der Grünen und bei Enthaltung der Linken beschlossen [pdf]. Das Gesetz sieht vor, den Umgang mit Gentests zu regeln, vor Diskriminierung zu schützen und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu sichern. Im in Verfahren der Auslandsvertretungen und Ausländerbehörden enthält das GenDG in § 17 Abs. 8 allerdings zahlreiche Ausnahmeregelungen.

So verwies Heinz Lanfermann (FDP) während seiner Rede im Bundestag auf das Problem hin, das sich aus § 17 Abs. 8 ergibt. Die Union und die SPD habe das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen mit dieser Ausnahmeregelung außer Kraft gesetzt und gehe mit den gewonnenen Daten sehr großzügig um, was auf anderen Gebieten völlig undenkbar wäre.

Auch Frank Spieth (Die Linke) kritisierte „die diskriminierende Regelung bezüglich der in Deutschland lebenden Ausländer, die ihre Familie nach Deutschland holen wollen“, was von der Linken kategorisch abgelehnt werde. Im Ausschuss habe die Koalition diese Regelung damit gerechtfertigt, dass diese Verfahren nur angewandt werden, wenn keine oder unzuverlässige Papiere vorliegen. „Ich frage: Wer entscheidet darüber, ob die Papiere in Ordnung sind? Wer entscheidet, ob ein Gentest gefordert wird? Die Ausländerbehörde. Man muss kein Prophet sein, um voraussagen zu können, dass dieser angeblich freiwillige Test dann sehr schnell zum Regelfall wird. Der Behördenwillkür ist damit Tür und Tor geöffnet. Das ist ein starkes Stück.“, so Spieth.

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Heimliche Vaterschaftstests würden, was zu begrüßen sei, per Gesetz verboten, aber staatlich erzwungene Vaterschaftstests bei Migranten würden quasi regelrecht gefordert. „Das ist aus meiner Sicht eine doppelte Moral und nach unserer Auffassung sogar verfassungswidrig.“ Allerdings, so Spieth weiter, wolle er nicht, dass man falsch verstanden werde: „Wir begrüßen diesen Gesetzentwurf im Grundsatz. Aber die Ausnahmeregelungen gehen uns eindeutig zu weit. Deshalb werden wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen, sondern uns enthalten.“

Priska Hinz (Die Grünen) betonte anschließend, dass im Bereich der Abstammungsuntersuchungen das Prinzip der Freiwilligkeit gewährleistet sein müsse. Derzeit bestehe das Problem, dass zumindest im Ausland genetische Untersuchungen verlangt würden, weil die Behörden sagen: „Der Papiernachweis reicht uns nicht aus“ oder „Die Papiere sind unvollständig.“ Daher müsse durch Veränderung der Verwaltungsvorschriften klargestellt werden, dass die Freiwilligkeit eingehalten werde. Hinz weiter: „Hier darf kein Zwang von solchen Personen ausgeübt werden, die auf diese Weise ihre Vorliebe für Bürokratie ausleben wollen.“

Die Abgeordneten der Unions- und SPD-Fraktion zogen es vor, sich zur umstrittenen Regelung in Verfahren der Auslandsvertretungen und Ausländerbehörden zum Familiennachzug nicht zu äußern.

Infobox: § 17 Genetische Untersuchungen zur Klärung der Abstammung

(8) Auf genetische Untersuchungen an einem Mundschleimhautabstrich, die zum Nachweis eines Verwandtschaftsverhältnisses im Verfahren nach dem Pass- oder Personalausweisgesetz und imVerfahren der Auslandsvertretungen und der Ausländerbehörden zum Familiennachzug nach dem Aufenthaltsgesetz beigebracht werden, finden keine Anwendung

  1. Absatz 1 Satz 1 zweiter Halbsatz, soweit er auf die Entscheidung, ob und inwieweit das Untersuchungsergebnis zur Kenntnis zu geben oder zu vernichten ist, nach § 8 Abs. 1 Satz 2 verweist,
  2. Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz, soweit er auf § 9 Abs. 2 Nr. 2 und 5 verweist, und
  3. Absatz 5, soweit er auf § 12 Abs. 1 Satz 1 verweist.

Auf die Aufklärung und die Einwilligung des Vertreters nach Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 findet Absatz 3 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 und 2 keine Anwendung, soweit er auf die Entscheidung, ob und inwieweit das Untersuchungsergebnis zur Kenntnis zu geben oder zu vernichten ist, nach § 8 Abs. 1 Satz 2 und auf § 9 Abs. 2 Nr. 2 und 5 verweist. Die Aufklärung nach den Absätzen 1 und 3 kann abweichend von Absatz 1 Satz 2 erster Halbsatz im Verfahren vor einer Auslandsvertretung von einer anderen als der für die Untersuchung verantwortlichen Person vorgenommen werden, die nicht die Anforderungen nach Absatz 4 erfüllen muss. Ergibt sich der Verdacht einer Straftat, dürfen abweichend von Absatz 5 das Ergebnis der genetischen Untersuchung und die genetische Probe auch nach einem Widerruf der Einwilligung zum Zwecke der Strafverfolgung übermittelt werden; § 11 Abs. 4, § 12 Abs. 1 Satz 4 und § 13 Abs. 1 finden in diesem Fall keine Anwendung.

Bereits in der Vergangneheit äußerten sich zahlreiche Organisationen wie PRO ASYL, das Gen-ethische Netzwerk (GeN) oder der Deutsche Anwaltverein (DAV) kritisch. Viele Ausländerbehörden würden die Betroffenen mit dem Verdacht überziehen, sich über die Anerkennung einer Vaterschaft einen Aufenthaltstitel erschleichen zu wollen. Behörden würden mit Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft drohen, wenn sich die Betroffenen weigern, einen Test durchführen zu lassen. Diese Praxis erlange durch das Gendiagnostikgesetz über die Hintertür eine Legalität. Im Fall von Pass- und Visaverfahren sei im GenDG als Ausnahmeregelung nun ausdrücklich vorgesehen, dass Ausländerbehörden und Auslandsvertretungen die Ergebnisse der DNA-Tests an die Staatsanwaltschaft weitergeben dürfen.